Barcelona-Terror: Behörden gestehen schweren Fehler ein

Blumen- und Kerzenmeer nach dem Terrorattentat in Barcelona
Blumen- und Kerzenmeer nach dem Terrorattentat in BarcelonaREUTERS
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Abdelbaki Es Satty hat sich kurzzeitig in Belgien aufgehalten. Dort habe er extrem radikale Predigten gehalten. Ein Richter stoppte 2015 die Abschiebung des Imams.

Der Imam Abdelbaki Es Satty, der Kopf der Terrorzelle von Barcelona, war den Behörden in Brüssel und Spanien bereits vor dem Anschlag bekannt. Der Belgien-Korrespondent des WDR, Ralph Sina, erklärte in der deutschen Nachrichtensendung "Tagesschau" am Mittwoch, dass Satty von Jänner bis März 2016 in Brüssel gelebt habe.

Nun hat die spanische Justiz einen schweren Fehler eingeräumt. Ein Richter habe die Abschiebung von Es Satty im März 2015 gestoppt, erklärten die Behörden am Mittwoch. In der Entscheidung habe es geheißen, der Imam stelle keine "ausreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung dar". Der aus Marokko stammende Es Satty habe zum Zeitpunkt seiner geplanten Abschiebung eine vierjährige Haftstrafe wegen Drogenhandels verbüßt, hieß es. Der zuständige Richter habe jedoch geurteilt, der Imam sei "um eine Integration in die spanische Gesellschaft" bemüht. Die Behörden bestätigten damit einen Bericht der Zeitung "El Mundo".

Imam hielt sich in Brüssel auf

Der Imam war während der islamistischen Anschläge auf den Flughafen und die U-Bahn in Brüssel am 22. März 2016 in der Stadt. Eine Verbindung des Mannes zu Anschlägen, bei denen 32 Menschen starben, sei aber nicht bekannt, hieß es aus Belgien.

Satty habe außerdem extrem radikale Predigten in den Brüssler Stadtteilen Vilvoorde und Digem gehalten. Die muslimische Gemeinde in Brüssel habe die Polizei daraufhin gebeten, den Imam zu überwachen, der sich kurz darauf nach Spanien abgesetzt habe. Bei einer 2016 von der katalanischen und belgischen Polizei durchgeführten Razzia in Barcelona fand man Satty zwar nicht, dafür jedoch neun radikalisierte Marokkaner, die direkten Kontakt zu den Attentätern von Brüssel hatten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass Barcelona im Visier der Terroristen stehe.

Sina erklärte, dass die meist aus Marokko stammenden Attentäter vor allem durch wahhabitische Prediger aus Saudi-Arabien radikalisiert würden. Diese seien in Brüssel so stark vertreten, weil der belgische König Baudouin 1970 mit dem saudi-arabischen König Faisal einen Waffen- und Ölhandel abgeschlossen hatte. Das belgische Königshaus habe im Rahmen dieses Vertrages ein großes wahhabitisches Predigerzentrum, beherbergt in einem ehemaligen Pavillon der Weltausstellung, Saudi-Arabien überlassen.

Nach dem Geständnis eines der Terrorverdächtigen von Barcelona fahndete die Polizei am Mittwoch weiter nach Mitwissern. Beamte starteten laut Polizeiangaben in der Nacht mehrere Razzien, um ein mögliches Unterstützer-Netzwerk der Terrorzelle ausfindig zu machen. Die Ermittler gingen auch Spuren ins Ausland nach.

Bombenanschläge "größeren Ausmaßes" geplant

Ebenso waren am Dienstag wichtige Details der Anschlagsplanung bekannt geworden. Der Terrorverdächtige Mohamed Houli Chemlal hatte am Dienstag vor einem Richter in Madrid gestanden, dass die Gruppe Bombenanschläge "größeren Ausmaßes" auf Sehenswürdigkeiten in Barcelona geplant habe.

Katalonien kündigte am Mittwoch schärfere Sicherheitsvorkehrungen unter anderem an der Kirche Sagrada Familia in Barcelona an. Gegen Chemlal und den Verdächtigen Driss Oukabir wurde Haftbefehl erlassen. Ein weiterer Verdächtiger kam unter Auflagen frei. Den Fall des vierten Verdächtigen wollte der Richter weiter prüfen.

Aus Unterlagen des Madrider Gerichts wurde ersichtlich, dass die Terrorzelle zunächst einen Bombenanschlag geplant hatte. Im Unterschlupf der Gruppe in Alcanar wurden demnach mindestens 500 Liter Aceton, große Mengen Nägel und Zünder und etliche Gasflaschen gefunden. Aus diesen Materialien lässt sich der Sprengstoff TATP herstellen, der häufig von der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) eingesetzt wird.

(APA)

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