Die Notenbanken schaffen es nicht, die Inflation auf zwei Prozent zu heben. Sie fordern höhere Lohnabschlüsse. Aber dafür ist die Produktivität zu schwach – und der Trend zu „Superstarfirmen“ zu stark.
Wien. Die Welt der Wirtschaft steht Kopf: EZB und Deutsche Bundesbank fordern die Gewerkschaften auf, doch bitte für höhere Lohnabschlüsse zu sorgen. Das sind ganz neue Töne. Früher war es stets so: Lief es gut, warnten die Geldpolitiker vor zu hoher Inflation. Die Gewerkschafter zuckten mit der Schulter und boxten exzessive Lohnforderungen durch. Das trieb erst die Teuerung und sorgte alsbald für mehr Arbeitslose und einen Abschwung. Aber nun ist alles anders: In Deutschland und den USA herrscht fast Vollbeschäftigung, was die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer stärken müsste. Dennoch steigen die Reallöhne nur sehr moderat. Damit wachsen auch Masseneinkommen und Konsum nicht stark. Die Inflation kommt nicht vom Fleck: In der Eurozone (1,3 Prozent) wie in den USA (1,7 Prozent) liegt sie unter den gewünschten zwei Prozent. Ein peinliches Rätsel, das die Zentralbanker bei ihrem Treffen in Jackson Hole beschäftigen dürfte – halblaut, aber intensiv.
Woran liegt es? Nachhaltig können Löhne nur dann stärker steigen als die Teuerung, wenn auch die Produktivität wächst. Sie ist das Fell des Bären, das Kapitaleigner und Lohnempfänger unter sich aufteilen. Das Problem: Sie wächst im Trend weltweit viel weniger stark als früher. Der Hauptgrund: Es gibt zu wenig echte Innovation (Roboter mögen das ändern, aber das ist vorerst Zukunftsmusik). Zudem nehmen Firmen, denen Mitarbeiter fehlen, mehr schlecht Ausgebildete auf, was die Produktivität drückt. Damit scheint das Rätsel schon gelöst: Es gibt weniger Zuwachs zu verteilen als früher. Aber das ist nur die halbe Geschichte.