Siemens und Bombardier im Clinch um neue ÖBB-Reisezüge

APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Die ÖBB brauchen neue Reisezüge. Der Auftrag ist mit einigen hundert Millionen Euro einer der größten, die derzeit im Bahnbereich ausgeschrieben sind. Siemens und Bombardier wollen ihn.

Harte Bandagen im Kampf zwischen Siemens und Bombardier um den Zuschlag für neue ÖBB-Reisezüge im Wert mehrerer hundert Millionen Euro: Nach dem Stopp der Ausschreibung durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) auf Siemens-Betreiben gehen die Bedenken des Konzerns noch weiter - und er droht, aus dem Verfahren ganz auszusteigen, wie der "Kurier" (Donnerstag-Ausgabe) berichtet.

Für die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) könnte ein Ausstieg von Siemens freilich höhere Preise durch Bombardier als Alleinbieter bedeuten, so der Bericht. Siemens soll in einem Schreiben an die Bahn festgehalten haben, "dass wir es derzeit nicht als sinnvoll erachten, bei vorliegenden Rahmenbedingungen ein Angebot zu legen".

Wegen Qualitätsbedenken hatte Siemens gegen die Auftragsvergabe Einspruch erhoben, das BVwG gab dem statt, wie seit Dienstag bekannt ist. Bestimmte Details der Ausschreibung würden den Konkurrenten Bombardier und dessen Produktion in China bevorzugen, hatte der "Standard" dazu berichtet. In dem seit Dezember 2014 laufenden Ausschreibungsprozess seien kurz vor der Vergabe die Qualitätskriterien gesenkt worden, monierte Siemens laut "Kurier", sodass Bombardier leichter habe mithalten können - ein Zuschlag an Bombardier wäre so gut wie sicher gewesen, heißt es. Allerdings entschied der BVwG jetzt nicht in der Sache selbst. In welcher Form die Ausschreibung fortgesetzt oder neu gestartet werde, ist daher noch offen.

Siemens hat angeblich geltend gemacht, dass die Kriterien für die Festigkeit der Wagenkasten so sehr gesenkt wurden, dass chinesische Bombardier-Werke zum Zuge kommen könnten. Auch bei anderen Komponenten seien die Kriterien stark verwässert worden. "Unter diesen Umständen hätten die Deutschen sogar gedroht, gar nicht zu bieten", so der "Standard".

Dass beide Anbieter im Fall einer Ausschreibungsniederlage immer wieder drohen, ein Werk in Wien zu schließen, hält Ronald Chodasz, Geschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie, eher für Säbelrasseln: "Ich rechne nicht damit, dass in nächster Zeit etwas geschlossen wird", sagt Chodasz im "Kurier". Da würden zu viele Zulieferer, Dienstleistungen etc. dranhängen, die Politik könne sich das gar nicht leisten.

Bei den ÖBB zeigt man sich über die Intensität der Auseinandersetzung überrascht: "Solche Ausschreibungen gibt es alle zwei, drei Jahre", zitiert der "Kurier" den ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder: Es sei legitim, dass ein Anbieter Einspruch erhebe - bisher seien die Entscheidungen und Ausschreibungen aber immer akzeptiert worden.

Der Auftrag ist mit einigen hundert Millionen Euro einer der größten, die derzeit im Bahnbereich ausgeschrieben sind. Siemens beschäftigt in Wien und Graz 2.200 Menschen in der Verkehrssparte. Bei Bombardier in Wien werden Straßen- und Stadtbahnen, keine Fernzüge, produziert. Hier arbeiten rund 550 Leute.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Archivbild: Eduard Winter im Jahr 2011
Wien

Wiener Linien: Von Millionenaufträgen und Handball-Sponsoring

Das kanadische Unternehmen Bombardier bekommt Millionenaufträge der Wiener Linien – und sponsert den Handballverein des Chefs.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.