Türkischer Außenminister: "Berlin überschreitet rote Linie"

Der türkische Außenminister Cavusoglu
Der türkische Außenminister CavusogluAPA/AFP/OZAN KOSE
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Mevlüt Cavusoglu wirft der deutschen Regierung "populistische" Äußerungen vor und mahnt Berlin zur "Vorsicht". Zuvor hatte der deutsche Außenminister Gabriel deutsche Reisende auf die Gefahr einer möglichen Verhaftung in der Türkei hingewiesen.

Der Ton zwischen den Regierungen der Türkei und Deutschlands verschärft sich. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu übte am Freitag heftige Kritik am Umgang Berlins mit Ankara. „Wir sehen, dass Stellungnahmen aus Deutschland eine rote Linie überschreiten“, sagte Cavusoglu am Rande eines Besuchs in Polen. „Es gibt keine Notwendigkeit für populistische Anmerkungen vor Wahlen“, erklärte er mit Blick auf die deutschen Bundestagswahl in vier Wochen. „Wahlen kommen und gehen, aber Freundschaften bleiben. Wir warnen, vorsichtig zu sein“, so der türkische Minister.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hatte am Donnerstag zur Vorsicht bei Türkei-Reisen aufgerufen. Reisende könnten nicht sicher vor willkürlichen Festnahmen sein. Eine formelle Reisewarnung gibt es in Deutschland aber nicht. Das sei auch nicht geplant, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums am Freitag in Berlin. Die kürzlich verschärften Reise-Hinweise würden aber fortlaufend aktualisiert. Der Minister habe in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung das Wort Warnung nicht in den Mund genommen. Es sei jedem Bürger selbst überlassen, ob er derzeit eine Reise in die Türkei antrete oder nicht.

Festnahme von Journalisten und Menschenrechtlern

Hintergrund der Warnungen Gabriels sind die Verhaftungen mehrerer deutscher Staatsbürger durch die türkischen Behörden. Zu den prominentesten Fällen zählen die des Journalisten Deniz Yücel sowie des Menschenrechtlers Peter Steudtner. Sie sind wegen "Terrorvorwürfen" in Untersuchungshaft.

Yücel ist Korrespondent der deutschen Tageszeitung "Die Welt". Er sitzt seit Februar in Untersuchungshaft. Als Vorwand für die Inhaftierung des kritischen Journalisten werden unter anderem ein Interview Yücels mit dem Chef der kurdischen Untergrundorganisation PKK, Cemil Bayik, angeführt und ein Artikel, in dem der Reporter die Urheberschaft der Gülen-Bewegung am versuchten Militärputsch in der Türkei vor einem Jahr anzweifelt. Das haben auch viele andere internationale Journalisten getan. Der Menschenrechtler Peter Steudtner war im Juli während eines Seminars in Istanbul zusammen mit mehreren Mitarbeitern von Amnesty International verhaftet worden.

Die Erfolgsaussichten für eine Freilassung der Gefangenen stuft Außenminister Gabriel derzeit als gering ein. "Die Chance ist nicht sehr groß, wenn man ehrlich ist", sagte der SPD-Politiker.

(APA/Reuters/dpa/red.)

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