Gordon Ramsay: Der Nachwürzer aus der Toskana

Gordon Ramsay
Gordon Ramsay(c) Irene Zöch
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Er hat sein Imperium noch einmal erweitert und kocht jetzt auch in der Toskana. Gordon Ramsay im Gespräch mit dem "Schaufenster" über die Wiener Küche, die toskanische Unaufgeregtheit und den faden
Kochstil seiner Frau.

Gordon Ramsay ist einer der drei besten Köche der Welt. Bekannt ist der mit Sternen gekrönte Brite aber auch für sein loses Mundwerk und sein geschicktes Händchen für sein Gourmetimperium. Der ­42-Jährige betreibt 18 Restaurants auf vier Kontinenten und tritt in drei TV-Shows auf. Erst kürzlich hat Gordon Ramsay sein Unternehmen um ein Restaurant in Castel Monastero in der Nähe von Siena erweitert. Das „Schaufenster“ traf den Starkoch in der Toskana.

Castel Monastero

Gordon Ramsays Restaurant "Contrada" ist Teil des Fünf-Sterne-Country Hotels "Castel Monastero", rund 20 Kilometer von Siena entfernt. Castel Monastero ist eine renovierte Klosteranlage aus dem 11. Jahrhundert, einst Residenz der Adelsfamilie Chigi Saracini, mit 76 Zimmern und Suiten sowie einem 1000 Quadratmeter großen Wellnessbereich. Neben dem Sternerestaurant bietet das Hotel auch das traditionell toskanische Bistro "La Cantina" inmitten des einzigartigen Ambientes des riesigen Klosterkellers.

Ihr Restaurantimperium wächst und wächst. ­Warum braucht gerade die Toskana ein Gordon-Ramsay-Restaurant?

Gordon Ramsay: Weil es mir hier gefällt. Hier ist es so ruhig und so unglaublich romantisch. In den vergangenen fünf Stunden habe ich öfter mit meiner Frau geschlafen als die ganze vergangene Woche (lacht). Nein, ernsthaft: Die Toskana ist eine der wenigen Regionen der Welt, die nicht von Profitgier zerstört wurden, sondern ursprünglich und rustikal geblieben sind. Zum Glück findet man keinen Starbucks in den Weingärten. Wo immer man auf der Welt hinkommt, sieht man doch dieselben Schilder. Das ist irritierend. Die Toskana steht für etwas anderes. Die Leute hier nehmen sich Zeit und genießen.

Welche Rolle spielt die Verwendung regionaler Qualitätsprodukte in Ihrer Küche?

Das ist unglaublich wichtig. Die Toskaner stecken eine Menge Arbeit, Redlichkeit und Begeisterung in die Herstellung ihrer Produkte wie Olivenöl oder Schinken. Nicht nur die Qualität der einfachen Nahrungsmittel ist fantastisch, auch Fleisch, Wild und Gemüse sind hervorragend. Zwei Drittel der Produkte, die wir für das Restaurant in der Toskana verwenden, kommen aus der Umgebung. Was von außerhalb kommt, darf nicht zu ausgefallen oder überdrüber sein, denn dann passt es nicht her. Alles muss ruhig und unaufgeregt sein.

Die Krise hat auch Ihr Unternehmen erwischt. Sie mussten einige Ihrer Restaurants schließen. Offensichtlich sind die Leute einfach nicht mehr bereit, so viel Geld für Sternerestaurants auszugeben.

Na ja, das stimmt so nicht. Nachdem Lehman Brothers im September 2008 pleiteging, hatten wir bis März 2009 die schlimmste Zeit. In Großbritannien hatten wir Glück und nur geringe Einbußen. Die Restaurants in New York, ­Paris und Los Angeles waren weit mehr betroffen. Im April konnten wir das Schiff dann in ruhige Gewässer bringen. Seither hat das Geschäft wieder angezogen.

Hat die Branche aus der Krise ihre Lehren gezogen?


Die Krise hat der Branche ihre Arroganz genommen. ­Küchenchefs pfeifen auf Wagyu-Rindfleisch, Unmengen an Trüffel und Foie gras und gehen bescheidener an die Sache heran. Sie wurden kreativer und machen aus vielleicht langweiligen Zutaten umwerfende Gerichte. Man wurde vorher ja fast als Bürger zweiter Klasse angesehen, wenn man nicht das teuerste Gericht der Speisekarte ausgewählt hat. In vielen Sternerestaurants auf der ganzen Welt kocht man jetzt weniger pompös.

Schauen Ihre Gäste jetzt mehr darauf, was auf den Tellern landet?

Kostenmäßig haben die Leute in Großbritannien in den letzten Jahren immer mehr darauf geschaut, was und wie viel sie bestellen. Sie lassen einen Gang aus oder teilen sich ein Dessert oder eine Vorspeise. Auch in der Zubereitung hat sich etwas geändert. Wir verwenden wenig Obers und wenig Butter und achten auf eine gesunde Art der Zubereitung mit Bouillons, Marinaden, Crème Fraîche and Olivenöl.

TV-Kochshows wie Ihre boomen, Kochbücher verkaufen sich bestens. Dennoch scheint in den Haushalten immer weniger gekocht zu werden.


Die Leute kaufen Kochbücher, weil sie inspiriert und ­unterhalten werden wollen. Das ist Food-Porno­grafie. Aber sie wollen auch was lernen, mit dem sie bei ­einer Dinnerparty zu Hause auftrumpfen können. Unsere Kochschule in London ist gerade während der Krise bestens besucht.
Die Leute haben weniger Einkommen und essen anstatt einmal die Woche eben nur noch alle zehn Tage auswärts. Das hat dazu geführt, dass die Leute auch zu ­Hause Feines kochen wollen. Das Gute daran ist, dass auch wir Küchenchefs uns mehr anstrengen müssen, wenn die Leute besser kochen können. 

Sie haben eine große Familie mit vier Kindern. Wer kocht denn bei Ihnen daheim?

Wir wechseln uns ab. Unter der Woche kocht meine Frau, ich an den Wochenenden, an denen ich zu Hause bin. Ich muss aber immer nachwürzen, weil meine Frau ein ­bisschen fad kocht.

Haben Sie sich auch schon mal von der Wiener Küche inspirieren lassen?


Nein, nie. Ich will auch keine toskanische Version der englischen Fish & Chips kreieren. DIE englische oder DIE österreichische Küche gibt es sowieso nicht. Die Wiener Küche verschwindet im Nebel der deutschen Küche mit ihren dicken braunen Saucen (lacht). Nein, im Ernst: Ich gehe von der mitteleuropäischen Küche aus. Außerdem sind meine Restaurants sowieso so etwas wie die Vereinten Nationen oder die Vereinten Küchen.

Aus einem Gordon-Ramsay-Restaurant in Wien wird also nichts?

Wien ist wunderschön, aber leider nein. Ich gehe sowieso mit 44 in Pension und eröffne ein Restaurant, das nur zwei Tage die Woche offen hat. Den Rest der Zeit genieße ich dann das Leben. Wie cool wäre das? (lacht).

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