Atemgeräusche, Wasserbassins und die Rote Armee Fraktion

Anna Zilahi
Anna Zilahi(c) Katharina Fröschl-Roßboth
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Ausstellung. Studierende der Universität für angewandte Kunst bespielen den Ort mit ihren Arbeiten – es gab auch schon Beschwerden darüber.

Dass die Rote Armee Fraktion und das Forum Alpbach noch einmal zusammenkommen – damit hat wohl niemand gerechnet. Leonard Prochazka schaffte die Verknüpfung. Prochazka studiert in Brigitte Kowanz' Klasse für Transmediale Kunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seine Installation im Alpbacher Hallenbad – genannt „Ideen und Momente zur Befreiung der Zukunft“ – bringt das Forums-Überthema „Konflikt und Kooperation“ auf die eigenwilligste Weise zusammen: Wie weit, fragte sich der Künstler, hätte er den Weg der RAF mitgehen können? Wörtlicher nahm es da der Lehrende Peter Kozek, der zur Ausstellungseröffnung von „Sediments of Union“ die Falten eines einen Kilometer langen Stoffbandes ausbügelte. Gefangen in einer Beckett'schen Schleife.

Seit Beginn des Sommersemesters arbeitete die Klasse zusammen mit Kozek und Peter Fritzenwallner an ihren Ideen für die künstlerische Bespielung des Dorfes während der Zeit des Forums. Daraus entstanden ist ein Dorf als Ausstellungsraum.

Die Frage, welche Rolle Kunst in so einem Umfeld überhaupt spielen darf, drängt sich nicht nur für die Organisatoren des Forum Alpbach – die künftig der Kunst und Kultur einen wesentlich größeren Spielraum geben wollen – auf, sondern auch für die Kunstschaffenden. „Welche Themen, welche Gespräche, welche Teilnehmer, welches Publikum gibt es in Alpbach?“, nennt die Leiterin des Programms, Elisabeth Schack (siehe Porträt oben), die Grundüberlegungen der Klasse.

Eine der gezeigten Arbeiten, die mobile Installation „Eisberg“ von Valentin Hessler und Selina Lampe, ist ein Kind genau dieser Überlegung. Das Wasserbassin steht im Congress Centrum – dort, wo auch andere Organisationen messeartige Stände aufgebaut haben. Die Künstler haben mit „Eisberg“ de facto ein Start-up geschaffen: In dem Video, das auf dem Bildschirm abgespielt wird, bewirbt Hessler die Kunst, wer will, kann sich Visitenkarten oder Broschüren mitnehmen.

Atemgeräusche beim Eingang

„Es ist eine sehr andere Erfahrung“, sagt Anna Zilahi, eine der Angewandte-Studierenden, über die Arbeit der Klasse für das Forum. „Diese Klasse ist sehr gut darin, mit Orten und Raum umzugehen und sehr gut in Installationskunst“ – was es einfacher gemacht habe, für das Forum zu arbeiten. Im April trafen sich die Studierenden mit Elisabeth Schack in Alpbach, um das Dorf kennenzulernen und die Ausstellungsorte auszuwählen.

Zilahis Werk vereint selbst Örtlichkeit und Installation in sich. Ein Teil der Arbeit „Shadow of Breath“ ist im Congress Centrum über der Eingangstür installiert, der andere an der örtlichen Busstation. Wo er schon für einigen Unmut gesorgt hat. Fahrgäste beschwerten sich über die Audioinstallation, die Atemgeräusche und andere Lebenszeichen über den Köpfen der Wartenden abspielt. Zilahi sieht das gelassen. Sie habe selbst während der Arbeit an der Installation nachts nicht mehr schlafen können, erzählt sie: „Ich wollte, dass es etwas Physisches wird.“ Der Kontext: Die Geräusche sollen auch an jene Menschen erinnern, die nicht im elitären Alpbach-Kreis auftreten, die nicht da sind, aber dennoch Sorgen, Wünsche, Träume haben. Um den Zusammenhang auch außerhalb des Congress Centrums herzustellen, hat Kunstchefin Schack Infobroschüren auflegen lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2017)

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