Berlins Bürgermeister will Ryanair nicht bei Air Berlin

AFP (PHILIPPE HUGUEN)
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Im Ringen um die Zukunft der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin wird für Mitte September eine Entscheidung über den oder die Käufer angepeilt. "Ryanair ist ein arbeitnehmerfeindliches Unternehmen. Das Geschäftsmodell ist frühkapitalistisch", sagt der Berliner Bürgermeister.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat vor einer Übernahme von Air Berlin durch den Billigflieger Ryanair gewarnt und macht sich stattdessen für die Deutsche Lufthansa stark. "Ryanair ist ein arbeitnehmerfeindliches Unternehmen. Das Geschäftsmodell ist frühkapitalistisch", sagte der Regierungschef dem "Tagesspiegel" vom Dienstag. Er glaube vielmehr, "es ist für alle Beteiligten unstrittig, dass bei mehreren seriösen Bewerbern die Lufthansa für Verlässlichkeit steht". Das gelte auch, weil Deutschlands führende Airline ihr Geschäft am Standort Berlin ausgeweitet habe. Das Lufthansa-Interesse für Air Berlin sei ein gutes Zeichen. Das sehe auch die Bundesregierung so.

"Käme Ryanair zum Zuge, habe ich große Befürchtungen", sagte der SPD-Politiker. "Dann müssten die Mitarbeiter von Air Berlin, die nicht gekündigt würden, wahrscheinlich zu irischen Arbeitsverträgen als selbstständige Subunternehmer arbeiten", warnte er. Abseits dessen deute aber alles darauf hin, dass es ohnehin keine Komplettübernahme von Air Berlin geben werde. Berlins Hauptinteresse ist nach Müllers Worten, dass in der Stadt möglichst viele Arbeitsplätze von Air Berlin erhalten blieben und die Stadt im Luftverkehr gut angebunden bleibe. Müller trifft im Laufe des Dienstags mit Betriebsräten von Air Berlin zusammen.

Stichtag 13. September

Im Ringen um die Zukunft der insolventen Air Berlin wird nach Informationen von Insidern für Mitte September eine Entscheidung über den oder die Käufer angepeilt. Interessenten könnten bis 13. September Gebote abgeben und ihre Konzepte vorstellen, sagten zwei Personen mit Kenntnis der Verhandlungen der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Bereits am 15. September solle der Gläubigerausschuss darüber beraten und womöglich entscheiden.

Die Zeitungen "Bild" und "B.Z." berichteten, an diesem Tag lägen nach Erwartung von Verhandlungskreisen den Gläubigervertretern entscheidungsreife Kaufangebote vor. Ein dritter Insider gab allerdings zu bedenken, der Terminplan sei "extrem stramm" und es könne zu Verschiebungen kommen. "In Anbetracht der stetig wachsenden Liste von Kaufinteressenten kann das Ganze länger dauern", erklärte ein weiterer Branchenkenner.

Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann hatte vergangene Woche erklärt, bis Ende September eine Lösung anzustreben. Ein Unternehmenssprecher wollte nun zum Zeitplan keine Angaben machen. Die Verhandlungen laufen unter Hochdruck, da sich Air Berlin vor allem nur dank eines staatlichen Überbrückungskredits von 150 Millionen Euro in der Luft halten kann.

Derzeit bieten nach Informationen aus Unternehmens- und Branchenkreisen sechs Airlines und Luftfahrtunternehmer für Air Berlin: Die Lufthansa will demnach den größten Teil mit bis zu 90 der 140 Maschinen von Air Berlin samt Crews einschließlich des Ferienfliegers Niki übernehmen. Der britische Billigfluganbieter EasyJet soll nach Medienberichten für bis zu 40 Flugzeuge bieten. Die Thomas-Cook-Tochter Condor ist an einer zweistelligen Zahl von Maschinen interessiert. Dass die Lufthansa ihre starke Stellung damit noch ausbauen könnte, kritisierten Ryanair-Chef Michael O'Leary, der Nürnberger Fluganbieter Hans Rudolf Wöhrl und Niki-Gründer und -Namensgeber Niki Lauda. O'Leary und Wöhrl kündigten Offerten an, Air Berlin komplett zu kaufen. Lauda sagte mehreren Zeitungen, er sei am Rückkauf von Niki interessiert.

Die Fäden laufen zusammen bei Sachwalter Lucas Flöther und dem Generalbevollmächtigten von Air Berlin, Frank Kebekus. Für Dienstag hat Lauda einen Gesprächstermin bei ihnen ausgemacht, wie er der österreichischen Zeitung "Kurier" sagte. Bevor er über ein Gebot entscheidet, will Lauda Einblick in die Bücher von Niki nehmen. Er kritisierte, bei einem erfolgreichen Kauf durch die Lufthansa hätte die deutsche Airline einen viel zu hohen Marktanteil von 90  Prozent in Österreich und 80 Prozent in Deutschland. Am Mittwoch ist Wöhrl bei Flöther angemeldet, bestätigte dessen Verwaltungsgesellschaft Intro. An diesem Tag soll auch O'Leary eine Pressekonferenz in Berlin abhalten. Bisher hat der Ryanair-Chef Insidern zufolge aber noch keinen Termin bei Air Berlin ausgemacht. Er hatte sich beschwert, bisher dazu noch nicht eingeladen worden zu sein. Über die sechs hinaus soll es noch weitere Interessenten geben, wie einer der Insider weiter erklärte.

(Reuters)

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