Qualifizierung: Viel mehr als Erfahrungswissen

(c) Erwin Wodicka
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Früher vermochten Makler nur aus ihren Erfahrungen zu lernen. Heute können sie sich gezielt Know-how aneignen. Und ihre Kompetenzen auch zertifizieren lassen.

Immobilienmakler unterscheidet weniger, was sie tun. Sondern viel mehr, was sie zuvor getan haben. Denn gerade Quereinsteiger kommen gerne durch jene Türen, die die Branche heute mittels eines breiten Ausbildungsangebotes offenhält. Vor allem auch deshalb, weil erworbene Qualifikationen und Kompetenzen inzwischen dank Zertifikaten transparenter geworden sind. Viele qualifizierte Makler kommen aus dem Verkaufsbereich, seit dem vergangenen Jahr wechseln auch vermehrt ehemalige Vermögensberater in die Immobilienbranche. Bei Absolventen von bautechnischen Ausbildungen ist die „Makler-Lizenz“ ebenfalls eine beliebte Zusatzqualifikation.

Als Renate Turek etwa ihre Ausbildung zur Modezeichnerin machte, war die einzige Immobilie, die sie interessierte, ihre eigene Wohnung. Das änderte sich, als sie begann, als Immobilienmaklerin zu arbeiten. „Das war am Anfang ganz schön abenteuerlich“, erzählt Turek. „Ich musste Objekte akquirieren und mir das ganze Know-how selbst beibringen.“ Ohne entsprechende Ausbildung sei die Arbeit „sehr mühsam“ gewesen. Fundierte Beratung sei wichtig, meint Turek. Schließlich gehe es bei Immobiliengeschäften meist um viel Geld. Auch deshalb ist sie vor vier Jahren zu Re/max gewechselt und hat die dort angebotenen Ausbildungs- und Karriereprogramme absolviert. „Ohne eine derartige Ausbildung ist es schwer, qualifiziert als Makler zu arbeiten“, meint Turek. Als sie vor acht Jahren in ihrem heutigen Berufsfeld begonnen hat, „gab es derartige Möglichkeiten noch gar nicht“.

Qualifiziert, zertifiziert

Die Immobilienakademie des ÖVI (Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder) hat vor fünf Jahren in Kooperation mit dem Österreichischen Normungsinstitut einheitliche Ausbildungsstandards geschaffen. Die Normen ON 43001ff definieren die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten für Immobilienmakler und ihre Mitarbeiter.

Grundsätzlich führen zwei Ausbildungsschienen in das Berufsfeld. Die eine über die Befähigungsprüfung, die den Schritt in die Selbstständigkeit ermöglicht. Die andere über das Zertifikat nach der ON-Norm, durch das man Schlüsselkompetenzen für den beruflichen Alltag als Makler-Assistent nachweisen kann. Mit diesem Modell wurden die Qualifikationen in der Immobilienwirtschaft transparenter. Zugleich lassen sie sich gegenüber dem Kunden leichter dokumentieren und argumentieren.

Die Nachfrage nach den Kursen ist groß: „Die meisten machen das Zertifikat schon vor ihrer Anstellung oder gleich in den ersten Monaten als Training on the job“, berichtet ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel. „Mittlerweile hat die Mehrzahl der Makler eine qualifizierte Ausbildung“, weiß Holzapfel. Mit der Größe der Aufgabe wachsen auch auf dem Immobilienmarkt die Anforderungen an die Ausbildungsqualität. Insbesondere im Bereich der Gewerbeimmobilien spürt die Branche einen höheren Professionalisierungsdruck als bei Wohnimmobilien.

Das fachliche Rüstzeug dafür vermittelt nicht nur die ÖVI-Immobilienakademie. Interessierte bekommen es auch an Universitäten und Fachhochschulen wie etwa in den berufsbegleitenden Fachhochschulstudiengängen „Facility- und Immobilienmanagement“ in Kufstein, „Immobilienmanagement“ in Wiener Neustadt und „Immobilienwirtschaft“ an der FH Wien. Dort ist das Bachelorstudium auf das Berufsfeld des Immobilienmaklers- und -verwalters ausgerichtet. Um den Studiengang zu besuchen, benötigt man zwar Matura oder Studienberechtigungsprüfung, immobilienspezifische Berufspraxis hingegen nicht. Quereinsteiger finden sich dennoch kaum unter den Kursteilnehmern, berichtet Otto Bammer, Leiter des Instituts für Immobilienwirtschaft der FH Wien: „Wer bei uns beginnt, hat die Entscheidung, in der Immobilienbranche tätig sein zu wollen, meistens schon vorher getroffen.“

Soft Skills für Makler

Auch bei den Immobilienkursen des Wifi Wien ist das Gros der Kursteilnehmer bereits in der Branche tätig. „Die Kurse werden vor allem zur Höher- und Weiterqualifizierung genutzt“, weiß Markus Reithofer, Kursleiter beim Wifi Wien. Für den Befähigungslehrgang, der 210 Lehreinheiten umfasst und neun Monate dauert, sei Praxiserfahrung der Teilnehmer zwingend notwendig.

Auch Soft Skills seien gefragt. „Ein guter Makler sollte wortgewandt sein und ein seriöses Auftreten haben“, so Reithofer. Introvertierte Menschen würden sich als Makler eher schwer tun. Die tatsächliche Eignung für den Job zeige sich jedoch meist erst in der Praxis. „Manch erfolgreiche Immobilienmakler haben trotz Startschwierigkeiten nicht aufgegeben“, weiß Michael Pukl, Geschäftsführer bei Re/max, „andere hingegen starten erfolgreich, um den Job bald wieder an den Nagel zu hängen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2009)

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