Das Parlament zieht um – nicht zum ersten Mal. Abgeordnete tagten schon im Schloss, in der Kirche und auch schon in der Hofburg.
Der Nationalratssitzungssaal am Mittwochvormittag: Ein Mann mit beidseits tätowierten Armen steht beim Rednerpult. Es handelt sich aber nicht um einen Modetrend, der nun auch Abgeordnete erreicht hat. Vielmehr ist hier ein Arbeiter am Werk, der mit einem Kollegen das Pult abtransportieren will. Das alte Mobiliar, es muss weg. Die Mandatare und ihre Mitarbeiter sind bereits in Richtung Hofburg gezogen, die samt angrenzenden Pavillons das Ersatzquartier für das Parlament während der Renovierung bieten wird. Es ist nicht der erste Umzug in der Geschichte des österreichischen Parlamentarismus. Und es ist eine Rückkehr an jene Stätte, an der alles begann.
Nach der Revolution 1848 war dem Volk eine Abgeordnetenversammlung versprochen worden. Am 22. Juli eröffnete Erzherzog Johann den Konstituierenden Reichstag in einem Trakt der Hofburg, in der kaiserlichen Hofreitschule. Bereits im Oktober musste man wegen Unruhen in Wien den Tagungsort nach Kremsier im heutigen Tschechien verlegen. Im noblen Ambiente eines Schlosses arbeiteten die Mandatare eine Verfassung aus, die nie in Kraft treten sollte. Das verhinderte der neue Kaiser, Franz Joseph, der inzwischen seinen Onkel Ferdinand an der Staatsspitze abgelöst hatte.