Privatstiftungen: Besteuerungunter der Lupe

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Heuer im Herbst kamen Richtlinien zur 2008 erlassenen Neuregelung der Stiftungsbesteuerung heraus. Steuerberater können dabei leuchtende Augen bekommen – denn die Sache ist reichlich kompliziert.

Die Reaktion auf eine Änderung der Privatstiftungsbesteuerung hat meist zwei grundsätzlich verschiedene Ausprägungen: Gähnen oder Herzrasen. Für den einen sind Stiftungen eine sehr langweilige Angelegenheit. Man denkt an Akten, Schweizer Anwälte, Schließfächer und vielleicht Kunst. Für andere ist das Thema delikat. Oder Aufregung pur.

Die österreichische Privatstiftung gehört sicherlich in die interessantere Fraktion der Körperschaften. Seit ihrer Einführung 1993 ist ihre Anzahl kontinuierlich auf 3250 gestiegen, ohne jemals gefallen zu sein. Spätestens seit der revolutionären Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu Erbschaftssteuer und Schenkungssteuergesetz 2006 kracht es jedoch im Gebälk.

Sinngemäß der Gerichtshof: Es dürfe nicht an der Wahl des Vehikels liegen, in das man hineinerbt oder schenkt, ob man Erbschafts- oder Schenkungssteuer zu zahlen habe. Man entschied sich gegen die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Beide sind seitdem weder großes Thema noch ersetzt worden – obwohl man Anfang des Jahres vereinzelt Stimmen aus dem Kanzleramt hörte. Es muss an der „Finanzkrise“ gelegen haben.

Nichtsdestotrotz ließ eine sukzessive Überarbeitung der Vehikel – in diesem Fall explizit der Privatstiftung – nicht lange auf sich warten, der Druck aus der OECD in Paris und Brüssel war da. Seit dem 1. August 2008 gibt es nun die Neuregelung der Stiftungsbesteuerung, mit der Vorgabe, die Privatstiftung in steuerlicher Hinsicht von Privatpersonen zu trennen und an Kapitalgesellschaften anzunähern. Richtlinien zur Interpretation wurden heuer im Herbst erlassen – denn die Steuererklärungen für 2008 werden jetzt gemacht.

Weitgehende Angleichung

Was ändert sich in der Besteuerung? An vielen Schräubchen wurde gedreht. Steuersystematisch unterscheidet man drei Ebenen: Eingangs-, Zwischen- und Ausgangsbesteuerung für Zuwendungen der Stiftung an Dritte. Bedeutend sind die Änderungen bei der Besteuerung auf erster und dritter Ebene. Auf Ersterer sind die Beteiligungserträge und die Übertragung stiller Reserven interessant. Das Ziel der Übung war, einen Gleichlauf mit anderen europäischen Stiftungskörperschaften und Kapitalgesellschaften zu erreichen. Die Steuerbefreiung für Beteiligungserträge wurde auf enumerierte EU-Körperschaften und EWR-Körperschaften erweitert, sofern ihre Ansässigkeitsstaaten – sehr modern – umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe leisten.

Auf Bestreben der OECD wurde diese Befreiung ab zehn Prozent Beteiligung auf Erträge aus Drittstaaten erweitert. Ferner gilt: Werden innerhalb einer internationalen Ineinanderschachtelung von Unternehmensbeteiligungen die gezahlten Steuern in mehreren Ländern unterschiedlich verrechnet, so darf zukünftig die Berechnungsmethode gewechselt werden. Damit ist die Privatstiftung einer Europäischen Kapitalgesellschaft weitgehend gleichgestellt.Das Problem der Übertragung stiller Reserven ergibt sich bei Beteiligungsanschaffungen und -veräußerungen. Als Grenze gilt auch hier die zehnprozentige Beteiligungsschwelle. Grundsätzlich ist der steuerfreie Betrag beim Erwerb auf die Privatstiftung mit zu übertragen oder nach der Beteiligungsveräußerung innerhalb von zwölf Monaten aufzulösen.

Soweit – so gut. Das Geld ist nun in der Privatstiftung drin. Aber wie kommt es steueroptimal wieder heraus? Hier kommt die dritte Ebene ins Spiel. Bei einem Szenebriefing der Wiener Kathrein-&-Co.-Bank stellten Wirtschaftsprüfer Karl Bruckner (BDO Auxilia Treuhand) und Elisabeth König, zuständige Fachbereichsleiterin im BMF, die Neuerungen vor und prognostizierten den hiesigen Experten erhöhten Beratungsbedarf.

Als „sehr problematisch“ gilt aktuell die Zuwendung aus der Substanz der Privatstiftung. Bei dieser handelt es sich eben nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen oder nicht unbedingt. Diese sogenannten Substanzauszahlungen sind steuerfrei, doch wann ist es „Substanz“ und welcher „maßgebliche Wert“ liegt zugrunde? Um diese Werte immer griffbereit zu haben, wurde man sich einig über die Anschaffung und Fortführung des „Evidenzkontos (EVI)“.

Viele Stolpersteine

Man muss es sich bildlich vorstellen: Alle Stiftungseingangswerte werden im Konto geführt, die Substanzauszahlungen davon subtrahiert.

Allfällige Bewertungsprobleme sind der erste Stolperstein, ein dauerhaftes Auseinanderrechnen ungleich schwieriger. Wie König schilderte, gewinnt die Sache weiter an Brisanz, wenn die Stiftung aus Substanzvermögen Substiftungen gründet oder sich in der Substiftung Neu- und Altvermögen verbindet und dann Auszahlungen der Mutter getätigt werden und so weiter. Variationen in Potenz, Glanz in den Augen der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Angesichts der hohen Summen, die in österreichischen Privatstiftungen stecken, eine delikate und aufregende Angelegenheit. Zum Gähnen wird das Stiftungssteuerrecht in nächster Zeit nicht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2009)

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