Ethisches Investment: Geldanlagen mit Mehrwert

Das Interesse daran steigt, was auch an die Berater neue Anforderungen stellt. Aber abgesehen von Spezialisten sind auf diesem Gebiet noch nicht allzu viele wirklich firm – trotz vorhandener Ausbildungsangebote.

Über Ethik in der Finanzwelt wird jetzt mehr denn je diskutiert. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Frage, inwieweit einzelne Investments ökologisch und sozial vertretbar sind – obwohl auch dieser Teilaspekt im aktuellen Diskurs neuen Auftrieb bekommt.

Der Gedanke an sich ist nicht neu. Schon vor der Krise zeigten Anleger ein steigendes Interesse an „ethischen“ Finanzprodukten, speziell an nachhaltigen Publikumsfonds, auch SRI-Fonds genannt (SRI steht für Sustainable and Responsible Investment). Laut des Sustainable Business Instituts (SBI) stieg das Volumen im deutschsprachigen Raum im Jahr 2007 auf knapp 35 Milliarden Euro, sackte dann aufgrund der Marktturbulenzen auf etwa 22 Milliarden Euro ab, erreichte jedoch Ende September 2009 bereits wieder zirka 29 Milliarden, verteilt auf 306 Fonds. Der Anteil Österreichs an den Investments in nachhaltige Fonds ist dabei zweifellos noch ausbaufähig. Laut des Europäischen Dachverbands für nachhaltiges Investment (Eurosif) wies Österreich im Jahr 2008 an Kern-SRI-Geldern ein Volumen von 1,1 Mrd. Euro auf, während in der Schweiz 21,5 Mrd. Euro nachhaltig veranlagt waren. In Deutschland entfielen über elf Mrd. Euro auf diesen Bereich.

In Deutschland gibt es eine große Zahl „alternativer“ Banken, die ihre Produktpalette und Firmenphilosophie auf Nachhaltigkeit ausgerichtet haben, weiß Klaus Gabriel, Sozial- und Wirtschaftsethiker an der Katholischen Fakultät der Universität Wien. Die Situation in Österreich ist damit nicht vergleichbar. Aber auch hier haben sich Spezialisten für solche Investments etabliert. So setzen etwa die Styler Bank oder das Bankhaus Schelhammer & Schattera, das inzwischen alle Fonds auf Nachhaltigkeit umgestellt hat, auf ethisch ausgerichtete Finanzprodukte.

„Die Wirtschaft von unten verändern“

Und selbst in Instituten, die keine derartige Spezialisierung aufweisen, verstärkt sich das Engagement dafür. So hat Elisabeth Voller, Geschäftsleiterin der Volksbank Gmünd in Kärnten, den Lehrgang „Geld und Ethik“ für Finanzdienstleister besucht, den die Katholische Sozialakademie Österreich (kose) seit drei Jahren anbietet. Sie ist überzeugt davon, dass sich durch ethisches Investment viel bewegen lässt: „Indem ich beeinflusse, wohin mein Geld fließt, kann ich quasi von unten an einer positiven Veränderung der Wirtschaft mitwirken.“ Als Anleger könne man schließlich entscheiden, welchen Wirtschaftszweig, ja mitunter sogar, welches spezielle Produkt man durch ein Investment unterstützen möchte.

Aber noch wissen die Kunden zu wenig über diese Anlageform Bescheid, meint Voller. Sie kennen den Markt zu wenig und fragen deshalb auch kaum nach speziellen Produkten. Mit der Folge, dass ihnen die Institute lediglich – sofern in der eigenen Produktpalette vorhanden – bankeigene Nachhaltigkeitsfonds anbieten und es kaum zu einer breiteren Beratung kommt.

Allerdings verfügen klassische Bankinstitute auch selten über Berater, die dazu überhaupt in der Lage wären. Zum Teil fehlt in den Instituten noch die Bereitschaft für eine Weiterbildung der Mitarbeiter in diesem Bereich. Gabriel führt das darauf zurück, dass seitens der Kunden immer noch zu wenig Nachfrage für nachhaltiges Investment besteht. Und das, obwohl sie für die Problematik an sich durchaus sensibilisiert sein dürften. So komme es häufig vor, dass „Investoren zum Berater kommen und sagen, mich stört, woran mein Geld beteiligt ist, das widerspricht meinen Wertvorstellungen“. Um von vornherein auf solche Kundenbedürfnisse einzugehen, bedürfe es bei den Beratern einer Bewusstseinsförderung und -veränderung. „Man muss sich als Berater mit dieser Veranlagungsform viel intensiver auseinandersetzen“, meint auch Voller. „Schließlich geht es nicht bloß um die Rendite wie bei der klassischen Veranlagung.“

Leitfaden für Investoren

Vermögensberaterin Renate Weber holte sich ihr Know-how in Sachen nachhaltiges Investment beim deutschen Schulungsanbieter ECOeffekt. Um für ethisch orientierte Kunden ein geeignetes Portfolio zusammenzustellen, geht sie in zwei Stufen vor: „Wohin floss bislang das investierte Geld? Und was stellt sich der Anleger unter ethischen Kriterien vor?“ Gerade das ist nämlich sehr subjektiv – aber letztlich sollten die Vorstellungen des Investors in dessen Portfolio umgesetzt werden und nicht primär die des Beraters.

Für interessierte Anleger hat das „Corporate Responsibility Interface Center (Cric)“, ein Verein für ethisch orientierte Investoren, einen Leitfaden mit Tipps für das Beratungsgespräch bei der Bank samt Checkliste für die Produktauswahl herausgegeben. Der Berater sollte sich nach Empfehlung von Cric auf die Analysen der Ratingagentur oekom research stützen. Diese berücksichtigt bei der ethischen Bewertung von Unternehmen den sogenannten „Frankfurt-Hohenheimer“-Kriterienkatalog, der von einer interdisziplinären Forschungsgruppe entwickelt wurde. Cric warnt außerdem davor, sich von der Bezeichnung des Anlageprodukts blenden zu lassen. Weit bedeutsamer als der Name einer Geldanlage sei, was dahintersteckt und welche Prinzipien dafür maßgeblich sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2009)

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