Bilanz zum U-Ausschuss: "Kein Renommierstück"

Bilanz zum U-Ausschuss:
Bilanz zum U-Ausschuss: "Kein Renommierstück" (im Bild: BZÖ-Abgeordneter Peter Westenthaler)(c) Reuters (Heinz-Peter Bader)
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SPÖ und ÖVP besiegelten das Ende des U-Ausschusses und versetzten die Opposition in Rage. Nicht alle Verdachtsmomente wurden geklärt.

Wien. Martin Bartenstein trägt einen dunkelblauen Hut im Stile Napoleons und ein im selben Blau gehaltenes Sakko mit goldener Verzierung. Seine Unsicherheit versucht er mit einem Lächeln zu überspielen – mit eher mäßigem Erfolg. Es fühlt sich offenbar nicht gut an, wenn man als österreichischer Politiker in der Nationaltracht Kasachstans steckt.

Das Bild wanderte zwar nicht um die Welt, allerdings durch die heimischen Gazetten. Es stammt aus dem Jahr 2007, als Bartenstein, weiland Wirtschaftsminister (ÖVP), Kasachstan einen Staatsbesuch abstattete, um über eine Erdgaslieferung zu verhandeln.

Im Dezember 2009 machte die Opposition diese Pose zum „Sinnbild“ für ihren Protest gegen die Bundesregierung. Denn Bartenstein ist Vorsitzender jenes Untersuchungsausschusses, der neben einer Reihe von Spionagevorwürfen auch die Verbindungen österreichischer Abgeordneter zum kasachischen Geheimdienst untersuchen sollte. Bis auf Weiteres bleibt es jedoch bei schwerwiegenden Verdachtsmomenten gegen mehrere Politiker aus verschiedenen Lagern: Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP erklärte der Nationalrat den U-Ausschuss am Freitag nach 17 Sitzungen nämlich für beendet.

„Autogramm“ für Ewald Stadler

Den Aktionismus betrieb federführend das BZÖ. Fraktionsführer Ewald Stadler und die orangen Mandatare hoben Tafeln in die Luft, die Bartenstein in der Kasachentracht zeigen, und versahen sie mit Schriftzügen à la „Was vertuschen Sie?“. Der Gescholtene, diesmal im dunklen Anzug, trug es mit Fassung und signierte Stadlers „Autogrammkarte“ mit dem eingangs erwähnten Bild mit „Herzlichst, Martin Bartenstein“.

Doch die Erheiterung währte nur kurz, dann nämlich machte die Opposition ihrem Ärger ordentlich Luft. Der Vorwurf lautete, die Regierung habe den Ausschuss „abgedreht“, um eine ganze Reihe von Justiz- und Spitzelaffären zu vertuschen. Als Verantwortlicher wurde die ÖVP ausgemacht, der die SPÖ „das Denken überlassen“ habe, wie Peter Pilz (Grüne) feixend zu Protokoll gab.

Ihre wenig erfreulichen Befunde fassten FPÖ und Grüne in jeweils über hundert Seiten starken Berichten zusammen, die auch in Form von Entschließungsanträgen eingebracht wurden. Das BZÖ verzichtete darauf, weil ein solcher Bericht einer „Kapitulationserklärung“ gleichkäme, wie es hieß.

Bartenstein gestand in seinem Abschlussbericht ein, dass nicht alle Verdachtsmomente hinreichend geklärt werden konnten. Etwa die Geheimdienstcausa rund um den kasachischen Exbotschafter in Österreich, Rakhat Aliyev. Da hätte er sich die Ladung weiterer Auskunftspersonen gewünscht, sagte er.

In der Abhöraffäre rund um Peter Westenthaler attestierte Bartenstein der Staatsanwaltschaft eine „überschießende“ Vorgangsweise. Sie hätte den BZÖ-Mandatar als Zeugen befragen müssen, bevor sie seine Handy-daten zurückverfolgte. Den Vorwurf der „Politjustiz“ (eine Anzeige gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser war übersehen worden) wies der Ausschussvorsitzende zurück.

Generell kam Bartenstein zu dem Schluss, dass dieser Ausschuss „kein Renommierstück des Parlamentarismus“ war. In zwei Punkten sind sich Regierung und Opposition dann aber doch einig. Trotz des Dauerstreits. Oder gerade deshalb: Nicht nur die Abgeordnetenimmunität muss reformiert werden – sondern auch das Instrument U-Ausschuss.

WAS SONST NOCH GESCHAH

Die Grünen brachten einen
Misstrauensantrag gegen Umweltminister Berlakovich (ÖVP) ein – wegen dessen Klimapolitik. Das Bankenhilfspaket wurde um ein Jahr verlängert. Das neue Haushaltsrecht soll die öffentlichen Finanzen transparenter machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12. Dezember 2009)

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