SPÖ: "Jetzt erfindet die ÖVP schon Urlaube"

Dönmez und Kurz.
Dönmez und Kurz. APA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Frage, wie gut ORF-Moderator Leitner und Bundeskanzler Kern einander persönlich kennen, sorgt für Wirbel. ÖVP-Kandidat Efgani Dönmez gerät selbst in die Kritik.

Am Montag werden die ORF-"Sommergespräche" abgeschlossen und noch selten hat es schon vor einem Interview so viel Missstimmung gegeben. Die ÖVP hält nämlich Moderator Tarek Leitner vor, mit SPÖ-Chef Christian Kern selbst in dessen Zeit als Kanzler geurlaubt zu haben. Dies wird freilich von allen Beteiligten bestritten, was nun ÖVP-Mandatar Efgani Dönmez ins Schussfeld bringt.

Der von den Grünen auf die Liste der Volkspartei gewechselte Dönmez hatte am Samstag einen gemeinsamen Ibiza-Urlaub Leitners mit Kern ausgegraben, der schon bekannt war. Nach Darstellung des ORF-Moderators waren mehrere Familien im Jahr 2015 gemeinsam in den Ferien, da seine Tochter mit jener des damaligen ÖBB-Chefs Kern befreundet war.

Nun legte jedoch Dönmez in den Sonntagsmedien nach und behauptete in "Kurier" und "Österreich", dass die beiden auch im Herbst 2016, also zu einer Zeit, wo Kern schon SPÖ-Vorsitzender und Regierungschef war, gemeinsam in Marokko auf Urlaub gewesen seien. Dies wird freilich von allen Beteiligten abgestritten.

Ist das nun ein "Dönmez-Gate"?

SPÖ und ORF zeigen sich - wenig überraschend - schockiert. Jetzt erfinde die ÖVP schon Urlaube, um die SPÖ und Bundeskanzler Kern anzupatzen, gab sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler betroffen. Er frage sich, ob es der neue Stil der ÖVP sei, Diffamierungen und Unwahrheiten zu verbreiten und dann zu schweigen. Damit bezog er sich auch auf die Behauptung von Parteichef Sebastian Kurz, dass der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner die SPÖ mit 100.000 Euro unterstützt habe.

Auch bei den Neos sorgt das Vorgehen des ÖVP-Neuzugangs für Unmut. Generalsekretär Nikola Donig sieht schon eine "Dönmez-Gate". Die ÖVP forderte er auf, entweder umgehend Beleg oder Quelle der Vorwürfe offen zu legen "oder die Konsequenzen beim Listen-Fünften Dönmez zu ziehen".

In letzerer Angelegenheit hat die SPÖ Kurz ja sogar geklagt, da dieser die im "Sommergespräch" getätigten Vorwürfe seither weder bewiesen noch dementiert hat. Die rechtlichen Schritte kommen freilich nicht in der ganzen Partei so gut an. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) meinte am Sonntag in der "Krone": "Das muss man politisch austragen. Ich halte von solchen Klagen nicht so viel."

Nicht zurückgenommen

Zurückgenommen hat die ÖVP jedenfalls bisher keinen ihrer Vorwürfe. Dönmez war für die APA zumindest vorläufig nicht erreichbar und Mediensprecher Gernot Blümel nützte den Sonntag dazu, die Leitner-Debatte am Leben zu erhalten. Aus seiner Sicht entsteht zumindest eine schiefe Optik "durch die Freundschaft zwischen Leitner und Kern", sagte der Wiener VP-Chef gegenüber der APA. Es stelle sich die Frage, ob ausgerechnet jener Journalist, der ein Naheverhältnis zum Kanzler habe, die "Sommergespräche" und TV-Duelle moderieren müsse.

Zumindest in diesem Punkt ist die FPÖ der selben Meinung. Generalsekretär Herbert Kickl ortet bei ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetez massiven Handlungsbedarf. Die "Besorgnis der Befangenheit" hätte diesen längst agieren lassen müssen. Freilich fügte Kickl gleich an, er wolle gar nicht wissen, welche ORF-Granden mit welchen ÖVP-Granden im Umfeld von (Lobbyist und Jagd-Veranstalter Alfons) Mensdorff-Pouilly schon zum gemeinsamen Halali ausgerückt seien: "Im ORF waschen sich rot-schwarze Hände gegenseitig."

ORF: Der Zweck ist, einen Journalisten einzuschüchtern

Dönmez schädige bewusst journalistische Glaubwürdigkeit
Der ORF-Redakteursrat sieht keinen Grund, an Leitners Angaben zu zweifeln und reagiert entsprechend entrüstet auf die Behauptungen von Dönmez. Das Gremium erkennt "ein bewusstes und absichtliches Anpatzen mit dem Zweck, einen ORF-Journalisten vor einem wichtigen Interview einzuschüchtern". Dönmez schädige bewusst die journalistische Glaubwürdigkeit des ORF-Mitarbeiters. Dabei beweise Leitner seit vielen Jahren in seiner Funktion als ORF-Moderator, dass er parteipolitisch unabhängig und objektiv sei.

(APA)

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