Steuern senken, Sozialhilfe kürzen: ÖVP legt (Teil-)Programm vor

EUROPAeISCHES FORUM ALPBACH 2017: OeSTERREICH GESPRAeCH / KURZ
EUROPAeISCHES FORUM ALPBACH 2017: OeSTERREICH GESPRAeCH / KURZAPA/BARBARA GINDL
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Sebastian Kurz legt den ersten Teil seines Wahlprogramms vor. Die Steuersätze sollen reduziert, kalte Progression abgeschafft werden - und die Sozialhilfe für Ausländer gestrichen werden.

Viel Zeit bleibt nicht mehr: In gut einem Monat wird gewählt und bis dahin will ÖVP-Chef und Spitzenkandidat Sebastian Kurz in drei Teilen sein Programm vorlegen. Die ersten Forderungen zu Steuern und Entlastungen legt er am heutigen Montag vor. Übrigens nicht ganz zufällig der Tag, an dem sein Kontrahent, Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), beim ORF-"Sommergespräch" geladen ist.

Was fordert Kurz also genau? Insgesamt eine Entlastung zwischen 11,7 und 12,7 Milliarden Euro. Der größte Teil davon, nämlich drei bis vier Milliarden, soll eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer ausmachen: Die niedrigeren Steuersätze sollen dabei reduziert werden: Von 25 auf 20 Prozent, von 35 auf 30 Prozent, von 43 auf 40 Prozent. Die restlichen Tarifstufen - also 48, 50 und 55 Prozent, sollen unangetastet bleiben.

>>> Teil eins des Programms als PDF

Die Kalte Progression soll abgeschafft werden, die jährliche Anpassung der Tarifstufen an die Inflation soll 1,6 Milliarden Euro Entlastung bringen. Lohnnebenkosten sollen außerdem gesenkt werden, Familien sollen einen Steuerbonus von 1500 Euro pro Kind erhalten - und Steuern und Gebühren beim Kauf vom ersten Eigenheim entfallen.

Wie die Entlastung bezahlt werden soll

Wie soll das bezahlt werden? Der ÖVP-Chef sprach immer wieder von einem Einsparungsvolumen von zwölf bis 14 Milliarden Euro bis 2022. Das soll sich folgendermaßen zusammensetzen. Vier bis fünf Milliarden Euro sollen durch ein Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum bis zum Jahr 2022 hereingespült werden. Das Wachstum soll durch eine Steuersenkung und durch Investitionsanreize für Unternehmen sowie durch den Abbau von Bürokratie angestoßen werden. Pro Jahr soll das 0,8 bis eine Milliarde Euro bringen.

Ebenso viel Geld, also vier bis fünf Milliarden Euro, erwartet sich Kurz durch eine Ausgabenbremse. In den letzten Jahren seien, heißt es im Kurz-Papier, die Staatsausgaben im Schnitt um 3,8 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. Würde der Anstieg der jährlichen Ausgaben die Inflation nicht übersteigen, also eine Bremse eingebaut, dann würde pro Jahr eine Milliarde Euro weniger ausgegeben. Bis zum Ende der Legislaturperiode würden so vier bis fünf Milliarden Euro gespart.

Eigenes Mindestsicherungsmodell für Asylberechtigte

Der dritte und letzte Teil der Gegenfinanzierung steht unter dem Titel "System effizienter gestalten". Durch den Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem sollen 1,5 Milliarden Euro gespart werden.Allgemein ist das Programm bei Ausländern sehr restriktiv: Sozialleistungen sollen für Nicht-Österreicher gestrichen werden, heißt es im Programm. Die Sozialhilfe sollte subsidiär in Europa durch Mitgliedsstaaten geregelt sein. Dann wird allerdings präzisiert: Grundsätzlich soll der Zugang zu Sozialhilfe erst nach fünf Jahren Aufenthalt in Österreich möglich sein.

Die Mindestsicherung soll nun doch - nachdem man im Vorjahr keine Einigung finden konnte - österreichweit einheitlich geregelt werden. Und zwar restriktiv: Sie soll maximal für eine Familie 1500 Euro ausmachen und sich hauptsächlich auf Sachleistungen konzentrieren. Für Asylberechtigte und Subsidiär Schutzberechtigte soll es ein eigenes Modell für die ersten fünf Jahre geben: Sie erhalten 365 Euro Grundversorgung, 155 Euro Integrationsbonus, 40 Euro Taschengeld, geknüpft an Erreichen von Integrationszielen.

700 Millionen sollen durch eine Steigerung der Verwaltungseffizienz reingespült werden. Eine Milliarde will Kurz in der öffentlichen Verwaltung einsparen. 800 Millionen sollen durch die Schließung der Steuerfluchtrouten hinzukommen. Das macht insgesamt vier Milliarden Euro.

SPÖ fürchtet um Mittelstand, FPÖ kritisiert Geld für Flüchtlinge

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kritisierte in einer Aussendung, dass die ÖVP mit ihrem Proigramm zehn Milliarden Euro Kürzungen für den Mittelstand plane. Hinter Begriffen wie "Ausgabenbremse" und "Systemeffizienz" würden sich "massive Einschnitte" für Arbeitnehmer, Pensionisten, im Gesundheitswesen und in der Pflege verstecken, so Klubobmann Andreas Schieder. Die Kosten des ÖVP-Programmes würden "vollständig bei den geringeren Einkommen und beim Mittelstand geltend gemacht", betonte der Klubobmann weiters.

Die FPÖ wiederum betonte, dass 560 Euro Mindestsicherung für "Asylanten 560 Euro zu viel sind". Die von der Volkspartei geplante "Mindestsicherung light" stoppe den Zuzug ins Sozialsystem nicht, die FPÖ hingegen will diese "Einfallstor" in den Sozialstaat schließen, erklärte Generalsekretär Herbert Kickl.

(ib/j.n./APA)

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