Guatemala: Vom Komiker zum Buhmann

Für Jimmy Morales ist der Spaß vorbei.
Für Jimmy Morales ist der Spaß vorbei.(c) REUTERS
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Präsident Jimmy Morales, einst gefeierter TV-Spaßvogel, hat es sich verscherzt. Im Konflikt um einen UN-Ermittler droht ihm der Sturz.

Wien/Guatemala-City. Gemeinsam mit seinem Bruder Sammy trieb Jimmy Morales die Guatemalteken in der TV-Serie „Moralejas“ zu Lachstürmen, und er wurde damit so populär, dass er vor zwei Jahren als Außenseiter den Sieg bei den Präsidentenwahlen errang. „Weder korrupt noch ein Dieb“, so lautete damals sein Slogan – eine Parole, die sich gegen die Elite des mittelamerikanischen Landes richtete und dessen Inkarnationsfigur, den Präsidenten Otto Pérez Molina. Eine Protestwelle hatte den Ex-General, das Mastermind eines mafiösen Netzwerks, 2015 aus dem Präsidentenpalast gefegt.

Mittlerweile sitzen der Sohn von Jimmy Morales und Sammy, sein Bruder und Berater, selbst wegen Korruptionsvorwürfen im Gefängnis – und womöglich könnte ihnen auch der 48-jährige, rechtskonservative Präsident folgen, der als Newcomer angetreten war, das Land an der Drogen-Schmuggelroute von Süd- nach Nordamerika von Filz und Korruption zu befreien.

Der vom Applaus verwöhnte Komiker ist binnen Kurzem zum international geächteten Buhmann mutiert. Der evangelikale Christ, ein Verfechter der Todesstrafe, hatte Guatemala in eine Staatskrise gestürzt, an deren Ende sein Sturz stehen könnte – wie bei dessen Vorgänger. Dafür müsste das Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit seine Immunität aufheben.

Das Oberste Gericht hat nämlich in einer Machtprobe dem Präsidenten die Grenzen aufgezeigt und dem Parlament die Erlaubnis erteilt, Morales von seiner Straffreiheit zu entheben. Zuvor hatte es Einspruch erhoben gegen die Anweisung des Staatschefs, den UN-Ermittler gegen Korruption, den angesehenen Kolumbianer Iván Velásquez als persona non grata aus dem Land zu werfen. Ein solcher Alleingang sei verfassungswidrig.

Die Affäre hatte damit begonnen, dass der unbequeme Chef der Anti-Korruptionsbehörde Ermittlungen gegen Morales eröffnete. Er wirft dem Präsidenten vor, 800.000 Dollar an Wahlkampfspenden nicht deklariert und somit missbraucht zu haben. Daraufhin machte sich Morales im UN-Hauptquartier in New York für die Absetzung von Velásquez stark. Er bezichtigt ihn der Einmischung in interne Angelegenheiten. Als er damit abblitzte, ordnete Morales in einem via Facebook veröffentlichten Video dessen Ausweisung an, was zum Rücktritt mehrerer Minister – darunter des Außenministers – führte. Sie protestierten so gegen die Entscheidung des Präsidenten.

Auch Generalstaatsanwältin Thelma Aldana erklärte sich mit Velásquez solidarisch – gemeinsam gelten sie den Guatemalteken als Helden. Nicht zuletzt zeigte sich UN-Generalsekretär António Guterres schockiert über die Vergeltungsaktion von Morales. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2017)

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