„Die Schmankerln der Informatik“

Virtual Reality ist ein großer Trend bei Videospielen und hat auch weit darüber hinaus vielversprechende Anwendungen.
Virtual Reality ist ein großer Trend bei Videospielen und hat auch weit darüber hinaus vielversprechende Anwendungen.(c) TU Graz
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Spieleentwicklung. Die Videospielindustrie boomt unverändert. Doch nicht nur deswegen ist es für Nachwuchsinformatiker interessant, sich einschlägige Kenntnisse anzueignen.

Videospiele sind längst zu einer Industrie geworden, deren weltweiter Jahresumsatz die 100-Milliarden-Dollar–Schwelle erreicht hat. Entsprechend rege ist die Szene der Games-Developer, auch in Österreich. Das zeigten etwa am vergangenen Wochenende die Game Dev Days Graz an der TU Graz.

Zwar gibt es an der TU Graz keine spezielle Ausbildung für Spieleentwickler, das Thema werde aber für die Informatikstudenten immer wichtiger, berichtet Johanna Pirker vom Institute of Interactive Systems and Data Science der TU Graz und Obfrau des Vereins Game Development Graz. Spieleentwicklung beinhalte mit künstlicher Intelligenz, Usability oder Virtual Reality die „Schmankerln der Informatik“, so Pirker. Entsprechend gäbe es viele Möglichketen, das dafür notwendige Know-how in verwandten Bereichen einzusetzen.

Games sind Teamarbeit

Im Rahmen des Informatikstudiums an der TU Graz würden alle relevanten Teilbereiche, sowohl in der Entwicklung als auch im Game Design, abgedeckt, betont Pirker. Wobei unter Game Design die Spielmechanik gemeint ist. Das künstlerische Design werde in der Regel anderen Experten überlassen. „Spieleentwicklung ist ein interdisziplinäres Feld, man braucht Designer, Programmierer und eventuell jemanden für die Musik.“

Auch Alexander Hofmann. Studiengangsleiter des Masterstudiums Game Engineering & Simulation an der FH Technikum Wien, betont die Interdisziplinarität. „Das Masterstudium behandelt alle Bereiche vom Developer über Game Designer bis zum Producer. Zudem wird ein allgemeiner Informatikbachelor angeboten, der über einschlägige Wahlfächer verfügt“, erklärt Hofmann. Seiner Beobachtung nach ging in letzter Zeit die Fähigkeit, für Geräte mit begrenzten Ressourcen zu programmieren, etwas verloren. Mit Anwendungen, die etwa in Augmented-Reality-Brillen integriert sind, wären diese aber wieder gefragt.

Technische wie künstlerische Aspekte gleichermaßen will man an der FH OÖ in Hagenberg abdecken. Nach einem breit aufgestellten Bachelor folgt die Wahl zwischen dem technischen und dem eher künstlerischen Master „Digital Arts“. „Hier geht es um 2-D und 3-D-Animationen sowie Games Art. Letztere wird in Echtzeit generiert und von einem Spieler gesteuert“, erklärt Michael Lankes, Professor für Game Art und Design an der FH OÖ. Neben einem gewissen Talent, das ebenso wie die Motivation in einem Aufnahmegespräch geprüft wird, ist für Lankes wichtig, dass die Studierenden auch für Themen abseits von Games wie Naturwissenschaft, Technik oder Musik Interesse haben.

Bei der Frage, welche Bereiche besonders gefragt seien, steht laut Meinung der Experten Virtual Reality an erster Stelle. Ob sich das Thema tatsächlich durchsetzt, könne man nicht vorhersehen, räumt Pirker ein, aber „es probieren derzeit alle aus“. Das Potenzial reicht dabei weit über den reinen Spielebereich hinaus. Pirker berichtet von Anfragen aus der Filmindustrie. Hofmann erzählt von einem Linzer Unternehmen, das für diverse Automarken VR-Display-Lösungen entwickelt, und bei dem bereits fünf Absolventen seines Lehrgangs untergekommen seien. Pirker ortet auch einen Wandel in der Branche, was die Geschlechterverteilung angeht. Bei den Gamern selbst gäbe es bald schon ebenso viele männliche wie weibliche. Das schlage sich auch in steigenden Zahlen bei den weiblichen Entwicklern nieder. Geblieben seien die Unterschiede in der jeweils bevorzugten Art der Games, was aber auch Vorteile habe. „Durch mehr weibliche Entwickler wird die Branche differenzierter“, so Pirker.

Gute Jobaussichten

Generell beurteilen die Experten die Jobaussichten der Absolventen als gut. Nicht nur im Ausland, auch in Österreich gebe es eine sehr gute, sehr gut wachsende Szene. sagt Hofmann. Allein ein Spin-off der TU Graz sucht laut Pirker derzeit 20 Developer. Eine Nachfrage, die auch durch den projektbezogen Charakter des Game-Developments, aber vor allem den allgemeinen Informatikermangel begründet ist. „Die verstärkte Ausrichtung auf Spieleentwickler ist auch ein Versuch, mehr Studierende für die Informatik zu interessieren“, sagt Pirker. „Für die Art Designer sind die Aussichten auf dem internationalen Markt gut, ergänzt Lankes. Nur in Österreich sei es wegen der kleineren Szene nicht ganz so einfach, im Games-Bereich unterzukommen.

EVENT

Play Austria, eine Veranstaltung des Vereins Subotron, widmet sich am 15. und 16. September im Semperdepot heimischen Games-Entwicklern, Ausbildungsstätten und Initiativen. Neben Vorträgen und Diskussionen können Besucher auch erste Schritte in der Entwicklerpraxis machen. Eine History Area präsentiert unter anderem eine Bachelorarbeit zum Thema „Games in Österreich“. www.playaustria.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2017)

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