Diesel: Software-Update zu wenig

Der Dieselskandal ist auch ein heißes Thema im deutschen Wahlkampf.
Der Dieselskandal ist auch ein heißes Thema im deutschen Wahlkampf.(c) APA/Bodo Marks
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Die deutsche Politik nimmt die Autobauer möglicherweise doch noch in die Pflicht, auch Motoren umzubauen. Dagegen wehrt sich die Industrie mit Hinweis auf die Kosten.

Berlin/Wien. Die deutschen Autobauer, allen voran Volkswagen, könnten mit Software-Updates und Umtauschprämien, mit denen sie Konsumenten den Kauf eines neuen Autos schmackhaft machen wollen, doch nicht aus der Dieselaffäre kommen. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erwägt Abgas-Nachbesserungen direkt an den Motoren älterer Dieselfahrzeuge. „Die Prüfung von Hardware-Umrüstungen geht voran“, sagte die Politikerin am Sonntag.

Eine der beim Dieselgipfel Anfang August eingesetzten Arbeitsgruppen habe inzwischen vereinbart, kurzfristig externe Sachverständige mit der Begutachtung möglicher technischer Nachrüstsysteme zu beauftragen. „Da erwarten wir in absehbarer Zeit Ergebnisse“, sagte Hendricks und bekräftigte: „Bei Fahrzeugen, bei denen es technisch geht, müssen wir es machen. Sonst kommen wir in vielen Städten immer noch nicht unter die kritischen Grenzwerte.“

Genau diese Motorumbauten lehnen die Autobauer mit Hinweis auf hohe Kosten ab. Beim ersten von zwei Dieselgipfeln von Bund, Ländern und der Autobranche (beim zweiten Treffen standen kommunale Maßnahmen gegen Luftverschmutzung im Vordergrund) wurde neue Abgas-Software für zusätzliche 2,8 Mio. Wagen vereinbart. Bei 2,5 Mio. VW-Dieseln ist dies amtlich angeordnet. Zusätzlich stellte die Industrie Umtauschprämien in Aussicht. Auch hierzulande wurde ein Software-Update vereinbart, allerdings auch für französische, japanische und koreanische Autos, und eine Ökoprämie.

VW-Entwicklungschef Ulrich Eichhorn konterte prompt Ministerin Hendricks: „Die Debatte orientiert sich nicht immer an Fakten“, sagte er. „Ich verwehre mich dagegen, dass das Update der Motorsteuerung abgetan wird als günstige Softwareveränderung.“

Bei Hardware-Nachrüstungen wäre für jeden Motor – so technisch überhaupt möglich – ein enorm hoher Entwicklungs- und Testaufwand erforderlich. Das dauere mehrere Jahre, meinte Eichhorn. Derzeit sei nicht klar, für welche Fahrzeugtypen Hardware-Nachrüstungen mit welchem Aufwand möglich seien. Außerdem würde durch solche Nachrüstungen das Auto durch Katalysator und Adblue-Tank schwerer. Damit steige der Verbrauch, zwischen drei und fünf Prozent.

Hierzulande hat sich auch ÖAMTC-Chef Bernhard Wiesinger für Motornachrüstungen starkgemacht. Messungen des Autofahrerklubs hätten ergeben, dass sie im Gegensatz zur Software-Nachrüstung verlässlich seien.

China prüft Ausstieg

Eichhorn wiederum verweist auf die neuesten Dieselmotoren, bei denen das Problem Stickoxid gelöst sei. Damit würden die künftigen Grenzwerte auch auf der Straße erfüllt. Wegen der erhöhten Stickoxid-Belastung erwägen mehrere deutsche Städte – und Länder wie Großbritannien – Fahrverbote.

So etwa auch China: Das Land sucht nach einem geeigneten Zeitpunkt für ein Verbot von Produktion und Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren. Einige Länder hätten dafür bereits Pläne ausgearbeitet, sagte der stellvertretende Industrieminister Xin Guobin laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua vom Sonntag. China ist der größte Automarkt der Welt.

VW hat im September 2015 eingeräumt, Dieselfahrzeuge für Abgastests manipuliert zu haben. Dabei ging es um den Ausstoß von Stickoxid. Das brachte eine Debatte über die Zukunft des Dieselantriebs ins Rollen und verschaffte der Elektromobilität Auftrieb. VW will in den nächsten Jahren je zehn Mrd. Euro für die Entwicklung der E-Mobilität und neue Verbrennungsmotoren ausgeben. (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2017)

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