Deutscher Justizminister nimmt AfD ins Visier

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Für Heiko Maas (SPD) verstößt das Wahlprogramm der Rechtspopulisten gegen die Verfassung.

Das Wahlprogramm der rechtspopulistischen AfD verletzt nach Ansicht des deutschen Justizministers Heiko Maas (SPD) in mehreren Punkten gegen das deutsche Grundgesetz. "Mit der AfD könnte erstmals seit 1949 eine Partei die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, deren Programm in Teilen verfassungswidrig ist", schreibt der SPD-Politiker in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Rundschau".

Als ein Beispiel nannte er das pauschalen Verbot von Minaretten und Muezzin-Rufen. "Selbstverständlich muss jede Religion unsere Verfassungsordnung einhalten", erklärt Maas. Das Grundgesetz schreibe jedoch "die Religionsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen in den Artikeln 3 und 4 fest". Dies sei eine Lehre aus dem Rassenwahn der Nazis, der zur Ermordung von sechs Millionen Juden führte.

Ministerium für Bevölkerungsentwicklung

Ebenfalls gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstoße die Partei, wenn sie ein "klares Familienbild aus Vater, Mutter und Kindern" propagiere und wegen des Geburtenrückgangs sogar ein Ministerium schaffen wolle, das laut AfD "die Bevölkerungsentwicklung nach wissenschaftlichen Kriterien koordiniert".

Das Grundgesetz kenne kein starres Familienleitbild und erlaube es jedem und jeder, so zu leben, wie er oder sie will, fügte Maas hinzu. "Will die AfD vorschreiben, wie viele Kinder wir bekommen sollen und dürfen? Zum Glück schiebt unsere Verfassung solch völkischen Fruchtbarkeitsphantasien einen Riegel vor."

Als "klaren Verstoß gegen die Garantie der Menschenwürde in Artikel 1 des Grundgesetzes" wertete der Justizminister die Pläne der AfD, psychisch kranke Straftäter nicht mehr in der medizinischen Therapie unterzubringen, sondern ohne Hilfe in der Sicherungsverwahrung wegzuschließen. Die AfD-Forderung nach Untersuchungshaft gegen Verdächtige auch ohne Haftgründe verstoße außerdem gegen die verfassungsmäßige Unschuldsvermutung und das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip.

Europapolitik

Schließlich ist die Europapolitik der AfD laut Maas kaum in Einklang zu bringen mit Artikel 23 des Grundgesetzes, der sich ausdrücklich zur europäischen Integration bekennt. "Die Väter und Mütter hatten den Krieg und das Elend erlebt, das durch Nationalismus und das Geschwätz von Erbfeindschaften angerichtet worden war", schreibt der Justizminister. Die AfD wolle dagegen den Euro abschaffen, die europäische Integration stoppen und notfalls aus der EU austreten.

(APA/AFP)

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