Der schwarze Sturmangriff auf den EZB-Tower

FILE PHOTO: The headquarters of the European Central Bank (ECB) (R) is seen next to the famous skyline in Frankfurt
FILE PHOTO: The headquarters of the European Central Bank (ECB) (R) is seen next to the famous skyline in Frankfurt(c) REUTERS (Kai Pfaffenbach)
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Kolumne Die ÖVP will in der Geldpolitik mitreden. War da nicht einmal etwas mit unabhängigen Notenbanken?

Nicht nur das Leben steckt voller Überraschungen. Auch das Wahlprogramm der ÖVP, wenn man genauer hinschaut. Denn „Der neue Weg“ führt nicht nur zu Klassikern wie weniger Steuern und mehr Sicherheit. Die Liste Sebastian Kurz gönnt sich auch einen Betriebsausflug nach Frankfurt: „Internationale Geldpolitik – wir reden mit“ lautet der Schlachtruf für einen unerwarteten Sturmangriff auf den EZB-Tower. War auch höchste Zeit, denn: Wir haben die „Einflussmöglichkeiten auf die Geldpolitik abgegeben“ und damit „viel Mitspracherecht verloren“. So geht das nicht weiter, man muss diesem Mario Draghi das Zepter aus der Hand nehmen. Konkret verspricht die ÖVP: „Unsere Maßnahme: Abkehr von der schrankenlosen Nullzinspolitik“. Bei der Exegese dieses schrankenlosen Vorstoßes stellt sich die Frage, wer hier eigentlich mit „wir“ gemeint ist. Wir Österreicher? Zur Erinnerung: Unsere OeNB wurde mit dem Start der Einheitswährung nicht aufgelöst, sondern Teil des Eurosystems. Ihr Gouverneur, Ewald Nowotny, hat Sitz und Stimme im EZB-Rat, und auch sonst meldet er sich recht kräftig zu Wort. Als Knapp-neun-Millionen-Volk können wir uns kaum beklagen, wir seien damit unterrepräsentiert.

Also bedeutet „wir“ offenbar eine kommende Kurz-Regierung. Da drängt sich eine kleine Nachhilfe auf. Zugegeben, es ist verwirrend: Das Thema heißt zwar Geldpolitik, aber man hält es aus guten Gründen von Politikern fern. Das war schon zu den seligen Zeiten des Schillings bewährter Brauch. Im Vertrag über die Arbeitsweise der EU steht ziemlich unmissverständlich: Die EZB oder eine nationale Notenbank dürfen keine Weisungen von Regierungen entgegennehmen. Und diese verpflichten sich, „nicht zu versuchen“, die Währungshüter „zu beeinflussen“.

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