Kindergarten: Glaubensrichtung muss bekannt sein

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Die Stadt Wien legt einen achtseitigen Religionsleitfaden vor. Katholische, islamische und jüdische Kindergärten müssen sich künftig eindeutig deklarieren.

Wien. Letztendlich reichen acht groß bedruckte Seiten: Die Stadt Wien hat am Montag den langerwarteten Religionsleitfaden für Kindergärten präsentiert. Unter dem Titel „Ethik im Kindergarten. Vom Umgang mit Religionen, Weltanschauungen und Werten“ werden sechs Leitsätze spezifiziert („Die Presse“ berichtete exklusiv bereits im Juni), zu denen sich Kindergärten bekennen müssen. Darin steht etwa, dass Gesetze gegenüber religiösen Vorschriften Vorrang haben. Oder dass „eine ideologische Indoktrinierung der Kinder oder andere Zwangsausübungen“ eindeutig abgelehnt werden. Außerdem sei Religion als Bildungsinhalt „grundsätzlich nicht an eine spezifische Glaubensrichtung gebunden“. Auch im Falle konfessioneller Kindergärten dürfe den Kindern „nicht nur eine Religion als ausschließliche einzige Weltanschauung“ vermittelt werden. Weiters müssen sich alle Einrichtungen in ihren Leitbildern und Konzepten, aber auch im Betreuungsalltag an vier Grundsätze halten: „den demokratischen Rechtsstaat, die Gleichstellung von nicht religiösen und religiösen Menschen bzw. Menschen unterschiedlicher Glaubenszugehörigkeit, die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Offenheit und Dialogbereitschaft gegenüber der Pluralität der Gesellschaft“.

Erstmals wird mit dem Leitfaden nun dezidiert festgehalten, dass eine Darlegung, ob und wie religiöse Erziehung stattfindet, verpflichtend ist: „Orientiert sich der Bildungsalltag einer elementarpädagogischen Einrichtung an einer spezifischen Glaubensrichtung, so ist Eltern bzw. Obsorgeberechtigten gegenüber klar zu deklarieren, wie religiöse Erziehung stattfindet“, heißt es im Leitfaden.

Gesetz wird geändert

Das heißt, dass religiöse Vereine als Träger privater Kindergärten die Konfession nun eindeutig angeben müssen – egal, ob etwa katholisch, islamisch oder jüdisch. Das bestätigte auch eine Sprecherin von Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) auf Nachfrage. Die Angabe der Religion sei bisher gewissermaßen eine Soll-Bestimmung gewesen, nun werde sie zur Muss-Bestimmung, so die Sprecherin. Die Bestimmung gilt für alle Kindergärten, damit müssen schon bewilligte Einrichtungen die Informationen gegebenenfalls nachreichen, das heißt im pädagogischen Konzept ergänzen.

Die Pflicht, sich zu deklarieren, ist nicht nur Teil des Religionsleitfadens, sondern wird auch in einer Novelle des Kindergartengesetzes stehen, das in Kürze in Begutachtung geht und Anfang 2018 in Kraft treten soll.

Der Leitfaden wurde bereits Ende 2015 seitens der Stadt angekündigt. Seine lange Entstehungszeit wurde u. a. damit begründet, dass der Leitfaden effektiv sein müsse, aber „nicht diskriminierend“ sein dürfe. (APA/win).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2017)

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