Meissnitzer-Auftritt und ORF-Reform: Stiftungsrat als Wahlkampfbühne

Meissnitzer selbst hatte betont, als "neutrale Person" auf der Bühne zu stehen.
Meissnitzer selbst hatte betont, als "neutrale Person" auf der Bühne zu stehen.(c) APA
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Mit dem Auftritt von ORF-Kommentatorin Alexandra Meissnitzer an der Seite von Sebastian Kurz naht die nächste Debatte. Die Versionen für eine ORF-Reform, die in Schubladen liegen, beschäftigen den Stiftungsrat.

Der Nationalratswahlkampf ist im ORF-Stiftungsrat angekommen. Wie erwartet war bei der Sitzung am Donnerstag die Moderation der "Sommergespräche" Thema. Dabei dräut schon die nächste Debatte über eine ORF-Mitarbeiterin: Dass Ski-Ko-Kommentatorin Alexandra Meissnitzer am Mittwoch bei der Präsentation des ÖVP-Wahlprogramms an der Seite von Spitzenkandidat Sebastian Kurz aufgetreten war, hatte der ORF-Konkurrent Puls 4 in seinen Nachrichten ausgeschlachtet. Meissnitzer selbst hatte betont, als "neutrale Person" auf der Bühne zu stehen. Ihr Partei-Auftritt "war dem ORF weder bekannt noch wäre er von diesem genehmigt worden", hieß es in einer Reaktion des Küniglbergs: "Es wird daher ein Gespräch mit Alexandra Meissnitzer geben, in dem diese entsprechend sensibilisiert wird."

Das Plenum des ORF-Stiftungsrats ist am Donnerstag übrigens erstmals im neu renovierten Sitzungssaal zusammengetreten - und die Mitglieder des obersten Aufsichtsgremiums zeigten sich unbeeindruckt von der Kritik an der neuen Location: Der Sitzungskomplex schlug mit etwa 770.000 Euro zu Buche. ÖVP-Freundeskreisleiter Thomas Zach will sich "mit Fragen der Architektur nicht beschäftigen": "Das ist im Moment nicht mein primärer Fokus." Im Fokus hat Zach dagegen - wenig überraschend - die Debatte um die Moderation der ORF-"Sommergespräche".

Medienkapitel bei Koalitionsverhandlungen?

"Ich beteilige mich nicht an Ersatzdiskussionen", sagte FPÖ-Vertreter Norbert Steger mit Blick auf die anhaltende Aufregung über die Urlaubsvergangenheit von ORF-Moderator Tarek Leitner und SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern. Er meinte allerdings auch: Der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz werde nicht dafür in Erinnerung blieben, dass er "Objektivität im Sinne der BBC verankert hat".

Aber "bis zum neuen Gesetz ist es ja nicht mehr lang", blickte Steger schon mit kaum verhohlener Vorfreude Koalitionsverhandlungen seiner Partei entgegen. Das Medienkapitel werde er da wohl mitverhandeln, meinte er im Gespräch mit Journalisten. Dass er bereits mehrere Versionen für eine ORF-Reform in der Schublade hat, gab er schon vor dem Sommer bekannt.

Was seiner Ansicht nach geändert werden muss: "Der öffentlich-rechtliche Auftrag ist nicht ausreichend definiert." Der ORF solle auch künftig finanziert werden, aber "nicht für die Quote", sondern die Erfüllung eines klaren Auftrages. Der Stiftungsrat selbst sei mitnichten "entpolitisiert" - künftig sollen ihn die Parteien zwar auch nicht mit Politikern, aber "deklariert" nach dem D'Hondtschen System bestücken. Die 35 Mitglieder würde Steger auf zwölf reduzieren: "Das ganze Brimborium gehört weg".

Extratreffen der neun Länder-Stiftungsräte als Putsch

Neun Bundesländer-Vertreter würden sich bei dieser Zahl nicht mehr ausgehen, aber das ist nach Meinung Stegers auch nicht nötig: Die Ländern sollten einen "Beirat" erhalten, der ein Mitglied entsendet. Der ORF werde auch "nur überleben, wenn er die Länder und die Landesstudios ernst nimmt", so Steger. Dass sich die Länder-Stiftungsräte vergangene Woche quasi auf eigene Faust trafen, ist für ihn aber schlicht ein "Putsch".

Das wiederum erboste das Kärntner Mitglied Siggi Neuschitzer: "Wenn sich neun Sitftungsräte Gedanken und Sorgen über die Landesstudios machen, und dann ein Wiener Stiftungsrat von 'Putsch' spricht, dann weiß ich nicht, ob der noch richtig in diesem Gremium ist." Man vertrete nicht die Interessen der Länder, sondern arbeite für den ORF.

SPÖ-Freundeskreisleiter Heinz Lederer

Eine "Scheindiskussion" über die Sommergespräche sah auch der SPÖ-Freundeskreisleiter Heinz Lederer. Schließlich gehe aus dem aktuellen Qualitätssicherungsbericht hervor, dass sich das Publikum vom ORF "gut und ausgewogen informiert" fühle - und das im Berichtszeitraum 2016, in dem praktisch das ganze Jahr gewählt wurde (nämlich der Bundespräsident). Er habe das "Gefühl", dass "in Zeiten des Wahlkampfs" nicht nur "persönliche Verunglimpfung" von Journalisten, namentlich Leitner, betrieben, sondern generell ein Vorstoß in Richtung Reglementierung der ORF-Journalisten versucht werde. Das habe eine "ganz schlechte Optik", warnte Lederer vor Verhältnissen "in einem Nachbarland". "Das beginnt bei der Nummer fünf der ÖVP-Liste und geht weiter. Dagegen muss man sich entschieden wehren."

(APA)

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