Gunkl: „Reden wir über die Unterschiede“

(c) ERNESTO GELLES
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Kabarett. In seinem zwölften Soloprogramm spricht Günther Paal, Gunkl, über sein Asperger-Syndrom und gibt Anleitungen zu einem besseren Miteinander. Die persönliche Seite macht das Stück rührend, eindringlich und hochkomisch.

„Wenn der Herbst eine Frau wäre, müsste er Paul heißen und nach Brot riechen.“ Mit diesem absurden Satz eröffnet Günther Paal alias Gunkl sein zwölftes Solokabarett „Zwischen Ist und Soll“, das diese Woche im Wiener Stadtsaal Premiere hatte. Ausgehend von dem Satz, der Gunkl einmal eingefallen ist, als er sein Wernicke-Areal, das im Gehirn für Sprachverständnis zuständig ist, auf Pause geschickt hatte, zerpflückt der kopfbetonte Künstler die Regeln der Kommunikation, das Verstehen der Menschheit und den Zustand der Welt im Allgemeinen.

Bierkiste würde als Bühne reichen

So weit seine Gedanken in diesem Stück schreiten, so wenig rührt sich Gunkl während der Performance vom Fleck: Eine Bierkiste würde ihm als Bühne reichen, wenn er vom Ist und Soll spricht, zwischen dem sich die Menschen oft verlaufen. Der aus Favoriten stammende Kabarettist wirft gern Fragen auf: Ist es Poesie oder einfach nur Blödsinn? Warum stellen Lehrer Schülern Fragen, deren Antwort sie kennen? Wenn mehr immer besser ist, ist dann viel nie genug?


„Wer Fragen stellt, muss mit der Antwort leben können“, ist einer der Sinnsprüche des Abends. Es sind erstaunlich viele Weisheiten, die Gunkl von sich gibt, viele davon auf ein besseres Miteinander der Menschen gerichtet. Einige Sprüche gehen an „Wahrnehmungsversprudler“, z.B.: „Gehört wird nicht das, was gesagt wird, sondern das, was man hören will“. Andere an Kreationisten: „Der Sicht der Welt, die Gläubige haben, darf man nicht mit Vernunft und Empirie entgegnen.“ Und die Hauptaussage des Vortrags: „Es ist ein Blödsinn, nur darüber zu reden, was wir gemeinsam haben. Wir müssen darüber reden, was uns trennt.“ So sollte die Menschheit – am besten noch in Friedenszeiten – erkennen, dass wir uns wirklich nicht verstehen können, und nicht aufgeben, genau über die Unterschiede zu reden.

"Sei kein Oasch" als Prämisse

Am Beispiel der Prämisse „Sei kein Oasch“ legt Gunkl dar, dass es von der Gruppengröße abhängt, welchem Regelwerk Menschen folgen. Im Dorf oder der Familie würden sich Leute aufrichtiger verhalten als in immer größer werdenden Gesellschaften, deren Paradigmen, was einen zum „Oasch“ macht, immer schwammiger werden. Dass bei all dieser Belehrung keine Fadesse aufkommt, liegt in dem Programm daran, dass Gunkl viel von seiner privaten Seite preisgibt. Erstmals macht er das bei sich selbst – per Internet-Fragebogen – diagnostizierte Asperger-Syndrom zum Thema – quasi „Autismus light“. Und erklärt dem Publikum, dass er als Aspergerianer lieber zum Zahnarzt geht als zu einem Fest, weil Ersteres ein „sauberes, wohlbegründetes und von allen akzeptiertes Ende hat“. Oder dass er den Zustand des „Sich Auskennens“ dem des Rausches und der Lust vorzieht: „Denn ich will ja nicht willenlos in Düdeldühausen herumirren.“

Gekonntes Spiel mit Sprache und Pointen

Die Lacher kommen recht unvorhersehbar, denn so gekonnt, wie Gunkl mit der Sprache spielt, weiß er auch, was eine Pointe ausmacht: ein Bruch zwischen dem Soll, das erwartet, und dem Ist, das festgestellt wird. Und wer nicht schon genug damit zu tun hat, allen Schachtelsätzen des Künstlers zu folgen, kann als Nebengaudi beobachten, wer im Publikum am schnellsten die Gunkl-Schmähs kapiert, und bei wem die Leitung ein bisschen länger war.

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