Klimagipfel: Verhandlungen wieder aufgenommen

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Nachdem am Vormittag immer mehr das Scheitern des Klimagipfels im Raum stand, hat man sich mittlerweile wieder ans Verhandeln gemacht. Vier Kernfragen für ein abschließendes Abkommen sind noch offen.

Bei der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen wird nun doch wieder verhandelt. Nachdem am Donnerstagvormittag die Meldungen aus der dänischen Hauptstadt immer pessimistischer klangen und der Gipfel kurz vor dem Scheitern stand, wurden zu Mittag die Gespräche wieder aufgenommen; in zwei Verhandlungssträngen, wie Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) mitteilte.

Hoffnung wurde auf das Eintreffen der "Elefanten" gesetzt. Staats- und Regierungschefs aus mehr als 100 Ländern, darunter Werner Faymann (SPÖ), Angela Merkel und Barack Obama, nehmen die Verhandlungen unter ihre Fittiche.

"Sehr, sehr ernste Situation"

Berlakovich sah die Klimaverhandlungen in einer "sehr, sehr ernsten Situation" angelangt. "Vieles ist ins Stocken geraten", sagte er. Vonseiten wichtiger Schwellenländer sei einfach das Gespräch verweigert worden, als die EU, Japan, Australien und USA in der Nacht auf Donnerstag versucht hätten, China, Indien und Brasilien an einen Tisch zu bekommen. Die Verhandlungspartner hätten zunächst immer verschoben, um letztlich gar nicht aufzutauchen, berichtete Berlakovich.

Sowohl China als auch die Vereinigten Staaten müssten sich bewegen, fordert der Umweltminister. Beide hätten bisher unzureichende Zugeständnisse vorgelegt. Die Ankündigung von US-Außenministerin Hillary Clinton, dass Amerika ebenfalls in einen 100 Milliarden-Topf für die Entwicklungsländer einzahle, bezeichnete er als "Minimalforderung". Eine reine politische Willenserklärung am Ende der Verhandlungen werde zu wenig sein, sagte Berlakovich. Es brauche ein rechtlich bindendes Abkommen.

Die Verhandlungen wurden gegen 13 Uhr in zwei Verhandlungssträngen mit den bestehenden UN-Dokumenten wieder aufgenommen. Ein entsprechender Vorschlag der EU ist von der Konferenz angenommen worden. Damit reagierten die Verhandler auf den Schritt des dänischen Vorsitzes, der seinen Entwurf für ein Schlussdokument zurückgezogen hatte. Den Vorsitz über die beiden Gruppen wird die dänische Klimaministerin Connie Hedegaard führen, die erst gestern die Leitung der Klimakonferenz zurückgelegt und an Regierungschef Lars Lokke Rasmussen übergeben hatte.

Scheitern stand im Raum

Zuvor hatte sich am vorletzten Tag der Beratungen zunehmend Pessimismus breitgemacht. Merkel sagte kurz vor ihrer Abreise nach Kopenhagen in einer Regierungserklärung, ein Scheitern der Konferenz sei nicht mehr auszuschließen. Sie wolle sich aber mit allen Mitteln für einen Kompromiss in letzter Minute einsetzen. Gastgeber Dänemark ließ ebenfalls durchblicken, dass kaum noch Chancen für einen Durchbruch bestünden.

Die offiziellen Verhandlungen wurden am Mittwochabend zunächst ausgesetzt, gegen 22 Uhr noch einmal kurz aufgenommen und dann auf Donnerstag vertagt. "Ich glaube immer noch, dass ein wirklicher Erfolg möglich ist", sagte UN-Klimachef Yvo de Boer. "Die nächsten 24 Stunden sind absolut entscheidend und müssen produktiv genutzt werden."

Vier Kernfragen offen

Offen waren vorerst immer noch vier Kernfragen. Neben dem Fonds für die Entwicklungsländer blieb strittig, in welcher Größenordnung die Industriestaaten ihren CO2-Ausstoß begrenzen würden. Ferner herrschte noch keine Einigkeit, wie die künftigen Treibhausgasemissionen in Schwellen- und Entwicklungsländern überwacht werden sollen und welche Rechtsform neue Vereinbarungen haben sollen.

Merkel appellierte an die USA, weitergehende Zusagen zu machen. Die EU stehe zu ihrem Angebot, die Emissionen bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren, und 30 Prozent seien möglich, wenn andere Staaten mitmachten. Das Angebot der USA von minus vier Prozent sei "nicht ambitioniert genug", sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung. Die USA wiederum haben auf dem Gipfel vor allem China aufgefordert, mehr für den Klimaschutz zu tun.

Chinas Delegation "voller Hoffnung"

China hat unterdessen entgegen anderslautenden Meldungen die Hoffnung auf eine Einigung auf ein umfassendes Klimaschutzabkommen nicht aufgegeben. "Ich weiß nicht, woher dieses Gerücht kommt, aber ich kann Ihnen versichern, dass die chinesische Delegation voller Hoffnung nach Kopenhagen gekommen ist, und sie auch nicht verloren hat", sagte Yu Qingtai am Donnerstag am Rande des Weltklimagipfels. Die Verhandlungen seien zu wichtig, um zu scheitern, fügte er hinzu.

Papst Benedikt XVI. hat unterdessen die Politiker aufgerufen, sich für gerechte internationale Klima- und Umweltschutzabkommen einzusetzen. Diese Herausforderung könne nicht allein auf der nationalen Ebene bewältigt werden, sagte er am Donnerstag vor acht neuen Botschaftern, die im Vatikan ihre Beglaubigungsschreiben überreichten.

(Ag.)

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