Nordkorea-Krise: Wie Berlin Atomstreit schlichten will

Glücklicher Kim: Freude des nordkoreanischen Diktators und seines Entourages nach dem jüngsten Raketentest.
Glücklicher Kim: Freude des nordkoreanischen Diktators und seines Entourages nach dem jüngsten Raketentest.(c) APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR
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Außenminister Gabriel bot in Peking deutsche Hilfe zur Lösung des Konflikts an. Berlin hat noch eine Botschaft in Pjöngjang - ein Relikt aus DDR-Zeiten.

Peking. Viel Zeit hatte Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel auf seiner Stippvisite am Sonntag in Peking nicht. Doch neben der Eröffnung einer Kunstausstellung der bedeutendsten deutschen Werke der Nachkriegszeit wollte der Vizekanzler unbedingt seinen chinesischen Kollegen treffen, bevor er vielleicht nach einer verlorenen Bundestagswahl seiner Partei bald nicht mehr im Amt sein könnte.

Nordkorea war bei seinem Gespräch in Peking das Thema. Er warnte: Das Beispiel Nordkorea könnte Schule machen. „Dann werden auch andere Länder versuchen, in den Besitz von Atomwaffen zu kommen.“ Dies zu verhindern, sei die derzeit größte internationale Herausforderung. Bei seinem nur sechsstündigen Peking-Aufenthalt rief Gabriel die drei Großmächte in der Region dazu auf, in der Korea-Frage stärker zusammenzuarbeiten. „Sonst werden wir die Probleme nicht lösen“, sagte er und plädierte nach einen Treffen mit Außenstaatsrat Yang Jiechi für „einen neuen Anlauf zur Entspannungspolitik“. Deutschland hatte im Konflikt bisher nur eine Zuschauerrolle eingenommen.

Erst am Freitag hatte Nordkorea erneut eine Rakete über Japan hinweg in den Pazifik geschossen. Sie erreichte eine Höhe von rund 770 Kilometern und stürzte erst nach über 3700 Kilometern ins Wasser. Sie flog damit so weit wie bisher keine nordkoreanische Rakete. Machthaber Kim Jong-un begründete das Manöver damit, ein militärisches „Gleichgewicht“ zwischen Nordkorea und der USA herzustellen. Nur so könne „die Kriegslüsternheit der USA“ eingedämmt werden. Auf Betreiben der USA hatte der UN-Sicherheitsrat die Sanktionen gegen Nordkorea ein weiteres Mal verschärft. Pjöngjang hatte zuletzt Raketen abgeschossen und einen weiteren Nukleartest vorgenommen, bei dem es sich wahrscheinlich um die Explosion einer Wasserstoffbombe handelte.

„UN-Optionen fast erschöpft“

Der UNO-Sicherheitsrat hat laut der US-Botschafterin Nikki Haley bei er Begrenzung von Nordkoreas Atomprogramm aber seine Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft. „Wir haben so ziemlich alle Dinge, die wir im Sicherheitsrat tun können, ausgereizt“, sagte gestern Haley. Zuvor hatten sich US-Präsident Donald Trump und sein südkoreanischer Kollege Moon Jae-in für eine weitere Sanktionsverschärfung ausgesprochen. Peking betont aber, wie wichtig diplomatische Verhandlungen seien.

Auf die Frage, ob für Deutschland ernsthaft eine Rolle als Mittler infrage kommt, deutete Gabriel an, dass man helfen könne. Sein Land habe „Zugang zu Personen in Nordkorea“. Tatsächlich unterhält Deutschland als eines der wenigen westlichen Länder eine Botschaft in Pjöngjang, ein Relikt aus DDR-Zeiten. Bis vor Kurzem reisten regelmäßig Parlamentarier nach Nordkorea. Pjöngjang könnte die Deutschen als ehrliche Mittler betrachten, da Deutschland in der Region keine eigenen Interessen hege.

Auch die Schweiz bot sich als Vermittler an. Bundespräsidentin Doris Leuthard schlug die neutrale Schweiz als Schauplatz für Gespräche vor: Das Engagement der Schweiz im Korea-Konflikt hat eine Tradition. Seit Ende des Korea-Kriegs sind an der Grenze zwischen Süd- und Nordkorea Schweizer Truppen im Einsatz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2017)


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