Sign Week Vienna: Die verschwundenen Schriftzüge

Schriftzüge, die das Stadtbild mitprägen – und irgendwann verschwinden. Im Bild das frühere Papiergeschäft in der Währinger Straße.
Schriftzüge, die das Stadtbild mitprägen – und irgendwann verschwinden. Im Bild das frühere Papiergeschäft in der Währinger Straße.Achim Gauger
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Ein neues Festival widmet sich derzeit eine Woche lang den großteils verlorenen gegangenen Schriftzügen Wiens, die das Stadtbild Wiens früher geprägt haben.

Wien. Es sind nicht nur die großen Gebäude und Sehenswürdigkeiten, die eine Stadt ausmachen, auch das Flair der einzelnen Straßen trägt zu ihrer Identität bei: Die Geschäfte, ihre Fassaden, ihre Schriftzüge. Die individuelle Stadtbeschriftung hat in Wien eine lange Tradition – die allerdings zu einem großen Teil verschwunden ist.

Damit sie nicht komplett in Vergessenheit gerät, haben der Wiener Grafiker Tom Koch und der Fotograf Achim Gauger gemeinsam die „Sign Week Vienna“ ins Leben gerufen, die gestern, Dienstag, eröffnet wurde. Sie widmet sich eine Woche lang mit verschiedenen Programmpunkten und an unterschiedlichen Orten historischen Geschäfts- und anderen Schildern, der öffentlichen Typografie also, aber auch der Schildermalerkunst als solches.

Denn Wien war, auch das ist in Vergessenheit geraten und im Stadtbild kaum noch wahrnehmbar, einst auch eine Metropole der Schildermalerei. An dieses Erbe wollen die Initiatoren erinnern – und kooperieren dabei mit dem letzten Schildermaler Wiens: Josef Samuel gewährt in dieser Woche (von 22. bis 24. September, jeweils von 15 bis 19 Uhr, Eintritt frei) Einblick in seine Werkstatt auf der Wieden (Mühlgasse 7). Zu sehen sind hier in Europas einzigem Schildermalermuseum in einer Sonderausstellung seltene Schildermalerarbeiten aus vier Generationen, die älteste Arbeit stammt aus 1877. Die Initiatoren versprechen eine Reise „in jene goldenen Zeiten, als auch kleine Händler in der Vorstadt mit handgemalten Schildern warben, Schriftzüge sorgfältig konstruiert wurden und die Buchstaben noch eine Seele hatten“.

Denn tatsächlich sind gerade in den vergangenen Jahren viele Schriftzüge verloren gegangen, häufig dann, wenn kleine Läden zusperren mussten. Die Nachfolger legen heute – nicht selten auch aus Kostengründen – weniger Wert auf einen aufwendigen (und teuren) Firmen-Schriftzug. Die Filialen internationaler Ketten mit ihren überall gleichen Firmenschildern tragen weiters dazu bei, dass Geschäftsstraßen ihr individuelles Erscheinungsbild verlieren.

Havanna versus Wien

Um jene (wenigen) herauszuheben, die viel Wert auf den Erhalt historischer Geschäftsportale legen oder neue Geschäftslokale mit entsprechend aufwendiger Typografie ausstatten, zeichnet die Sign Week Vienna auch „Wiens schönste Geschäfte“ aus (21. 9., 19 Uhr im Schikaneder Kino).

Ein weiteres Herzstück der Sign Week ist die Ausstellung „Signs from different Worlds: Vienna meets Havana – Identity lost + found“ in der KMG Art Gallery (Mariahilfer Str. 103, bis 27. 9.). Hier werden die Stadtbeschriftungen von Wien und Havanna gegenübergestellt. Den Wiener Teil hat Achim Gauger kuratiert, der auf Instagram („ViennaCityTypeFace“) schon länger das Verschwinden der Signs im Wiener Stadtbild dokumentiert. Steve Spiegel wiederum zeigt, wie die kubanische Hauptstadt mit ihren Stadtbeschriftungen umgeht: Hier wird viel Wert auf den Erhalt historischer und ikonischer Signs gelegt.

Zudem wird ein Einblick in die Sammlung Martin Kristofcsak gewährt, die Geschäftsbeschriftungen von der Zwischenkriegszeit bis in die 1970er-Jahre umfasst: Einige Signs werden im Original zu sehen sein.
Wer historische Schriftzüge in der Stadt erleben will, kann auch an einem der Spaziergänge rund um das Festival teilnehmen: Am kommenden Montag etwa am „Insta-Sign-Walk“, der vor dem Hochhaus Herrengasse losgeht (15 Uhr).

Auf einen Blick

Sign Week Vienna findet bis 27. September in Wien statt: Neben der Ausstellung in der KMG Gallery (16., Mariahilfer Str. 103) können Besucher auch den Verein Stadtschrift, der historische Schriftzüge sammelt, besuchen (6., Linieng.2A, Sa und So, 16 bis 18 Uhr) oder an Vorträgen und Spaziergängen teilnehmen. Anmeldung und Programm online.

Web: www.signweek.com

(mpm)

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