Sportförderung: Erfahrung kann man nicht kaufen

Muss der BSG-Geschäftsführer ins kalte Wasser springen oder ist er ein alter Bekannter im Funktionärsschwimmbecken?
Muss der BSG-Geschäftsführer ins kalte Wasser springen oder ist er ein alter Bekannter im Funktionärsschwimmbecken? (c) REUTERS
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Österreich prüft zwar noch Kandidaten für die Leitung der Bundes-Sport GmbH, die politische Besetzung gilt aber als gewiss. Markus Prock, Patrick Riml, Markus Redl, Wilhelm Lilge oder Wolfgang Moser bewarben sich trotzdem.

Wien. Die Schlange ist kleiner als erwartet. 17 Bewerber sollen sich um den Posten der sportlichen Geschäftsführung in der neuen Bundes-Sport GmbH (BSG) anstellen. Ein Kapazunder, wie ihn Sportminister Hans Peter Doskozil gern gehabt hätte – Beispiel: Toni Innauer –, ist nicht darunter. Er hat auch nicht mehr viel Zeit. Denn nach der Nationalratswahl am 15. Oktober könnte eine neue Regierung einen neuen Sportminister installieren. Das Reformwerk muss vorher abgeschlossen sein.

Die Bewerbungsfrist endete am 5. September, die prominentesten Kandidaten sind Ex-Rodler Markus Prock und Patrick Riml, Alpinchef des US Skiverbandes.

Gemäß der Ausschreibung

Der Anruf bei Riml in dessen Büro in den USA verlief kurz und doch informativ. „Hi, Patrick here!“ „Grüß Sie. Stimmt es, dass Sie sich für den Posten des sportlichen Geschäftsführers der Bundes-Sport GmbH beworben haben?“ „Klack. Tütütüt.“ Riml war seitdem telefonisch nicht mehr erreichbar.

Prock bestätigte hingegen seine Bewerbung sofort. Prock ist im österreichischen Sport exzellent vernetzt, sitzt auch im ÖOC-Vorstand. In der Einreichung habe er, eigener Aussage zufolge, „einige Worte darüber verloren, wo unser Sport steht und was man bewegen könnte“. In der Ausschreibung wird jedoch „Erfahrung in der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit und Ausschöpfung der Leistungspotenziale im Bereich des Sports“ verlangt. Nachzuweisen mit einem „Konzept für die Umsetzung der Förderungen nach BSFG 2017“. Das könnte insofern wichtig werden, falls sich einer der tatsächlich Qualifizierten durch Doskozils Entscheidung übergangen fühlt, vor Gericht geht und sich auf das Stellenbesetzungsgesetz beruft.

Konsens – aber mit System

Beide Männer wären wohl nach Doskozils Gusto. Doch sie haben sich wohl noch nie mit Sportförderung in Österreich beschäftigt. Sie müssten sich der Mühsal unterziehen, das komplizierte Fördersystem mit allen Abhängigkeiten zu lernen. Und dann sind da noch die Kommissionen für Breiten- und Spitzensport, mit denen der Geschäftsführer – dem Gesetz zufolge – Konsens erlangen muss, bevor er einen Euro ausgeben darf.
In der Spitzensportkommission sitzen die üblichen Verdächtigen aus dem alten Sportfördersystem. BSO-Evergreen Elmar Hasenöhrl, ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel und ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Der Handlungsspielraum des Geschäftsführers wird also sehr eng sein. Die BSG nimmt am 1. Jänner 2018 ihre Tätigkeit auf und vergibt jährlich 120 Millionen Euro. Sie soll Subventionen effizienter machen und helfen, dass auch bei Sommerspielen Medaillen gewonnen werden. Zur Erinnerung: In London 2012 gab es keine, in Rio 2016 einmal Bronze.

Internationale Experten verdienen mehr, als die Republik nach den Vorgaben des Stellenbesetzungsgesetzes anbieten kann. Die Obergrenze dürfte bei rund 200.000 Euro im Jahr liegen. Riml verdiente 2016 beim US-Skiverband rund 250.000 Dollar. Plus Werbeeinnahmen, die der Verband nicht deklarieren musste.

Die in Österreich nötige Systemerfahrung bringt Wolfgang Gotschke mit, er leitet den 2013 eingerichteten Bundessportförderungsfonds (BSFF). Sein Vertrag läuft noch ein Jahr, sein Konzept ist dem Vernehmen nach eine Handlungsanleitung für den Übergang vom alten Gesetz zum aktuellen Papier 2017. „Der Minister hat von Entpolitisierung im Sport gesprochen, ich hoffe, dass in diesem Fall der Beste gewinnt.“ Für Gotschke haben sich in einer BSO-Sitzung zig Fachverbände stark gemacht.

Markus Redl, Geschäftsführer der Bergbahnen Beteiligungsgesellschaft in Niederösterreich, ist ein weiterer Kandidat. Unter anderem arbeitete er für die Jugendspiele in Innsbruck 2012 und „Integrated Consulting Group“, die staatliche Fördersysteme behandelt. Wolfgang Moser, Leiter des Leistungszentrums Südstadt, tritt an, die in der Praxis gewonnenen Erfahrungen in bundesweiter Arbeit anzuwenden. Marcus Pucher, Ex-Mitarbeiter der BSO und des IMSB, würde den Job gerne machen, sagt jedoch: „Ich habe keine Illusionen, das wird eine politische Entscheidung.“ Wilhelm Lilge, Leichtathletik-Trainer und Doping-Bekämpfer, reagierte ähnlich. „Ich wollte nicht irgendwann hören: Hättest dich auch beworben!“

Und Armin Assinger?

Gesucht wird neben dem sportlichen auch ein kaufmännischer Geschäftsführer, er wird die BSG-Tochter „Austrian Sports Resorts“ kommandieren. Dort sind sechs ehemalige Bundessportheime zusammengefasst. Michael Sulzbacher, der „Sports Resorts“ seit 1999 leitet, hat sich beworben. Weitere Kandidaten für diesen Geschäftsbereich sind nicht bekannt.

Als nächstes müsste der BSG-Aufsichtsrat dem Minister einen Dreiervorschlag vorlegen. Der Aufsichtsrat, Vorsitzender soll Showmaster und Ex-Skifahrer Armin Assinger sein, hat sich aber noch nicht konstituiert. Zwei Mitglieder scheinen festzustehen: BSO-Präsident Rudolf Hundstorfer und ÖOC-Präsident Karl Stoss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2017)

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