Die Lufthansa gibt sich siegessicher und lockt mit der Übernahme von 3000 Beschäftigten. Niki Lauda hat in British Airways einen harten Konkurrenten um die Österreich-Tochter Niki bekommen.
Berlin/Wien. Ort und Zeit blieben geheim. Bekannt war dafür das Thema: Am Donnerstag ging mit der Sitzung des Gläubigerausschusses das Rennen um die bankrotte Air Berlin in die entscheidende Phase. Die Zeit drängt, denn die deutsche Airline verbrennt täglich bis zu vier Mio. Euro, was den Staatskredit über 150 Mio. Euro rasch schmelzen lässt. Weshalb erwartet wurde, dass das Gremium aus den Vorschlägen von Sachwalter Lucas Flöther und dem Generalbevollmächtigten Frank Kebekus eine Vorentscheidung trifft. Die endgültige Wahl soll am Montag der Aufsichtsrat der Air Berlin treffen.
Fest steht, dass die Air Berlin samt ihrer Österreich-Tochter Niki allein aus Kartellgründen filetiert wird. Die Lufthansa spitzt auf das größte Stück vom Kuchen – und sie dürfte es auch bekommen. Konzernchef Carsten Spohr präzisierte seine Wünsche: Trotz des bereits hohen Marktanteils in Deutschland will die AUA-Mutter bis zu 80 der 144 Air-Berlin-Flugzeuge übernehmen. Darin sind jene 38 Maschinen enthalten, die die Lufthansa schon im Jänner samt Crews übernommen hat. „Viel mehr werden wir kartellrechtlich gar nicht machen können“, sagte Spohr. Einschließlich aller Umsteigeflüge habe die Lufthansa-Gruppe in Deutschland einen Marktanteil von 34 Prozent. Dieser Wert werde auch für die Kartellbehörden entscheidend sein. „Deshalb sind wir optimistisch, dass das, was wir uns vorstellen, genehmigungsfähig ist“, sagte Spohr.
Die mittlerweile großteils am Boden stehenden Langstreckenjets der Air Berlin interessieren die Lufthansa indes nicht. Die Langstrecken der Billigtochter Eurowings sollen aus eigener Kraft ausgebaut werden.
Faktum ist auch, dass die British-Airways-Holding IAG, die sich bisher im Bieterkampf bedeckt hielt, zuletzt das Match kräftig aufmischte. Niki Lauda, der mit Thomas Cook und Condor im Bunde ein Offert abgegeben hat, sieht in den Briten einen gefährlichen Konkurrenten. „Die IAG will mit ihrer spanischen Billigtochter Vueling die Start- und Landerechte von Niki in Mallorca und spitzt deshalb auf Niki“, sagte Lauda zur „Presse“.
Grounding unwahrscheinlich
Gerüchte, dass sich Lufthansa und IAG die Beute aufteilen könnten – wobei EasyJet und er durch die Finger schauen würden –, wollte Lauda nicht kommentieren. Ein Grounding der Air Berlin in den nächsten Tagen, worüber zuletzt ebenfalls spekuliert wurde, hält Lauda nicht nur angesichts der Bundestagswahl am Sonntag für unrealistisch.
Die Überlegung, dass die begehrten Start- und Landerechte (Slots) sofort an Airlines fielen, die mit entsprechenden Flugzeugen die Strecken bedienen könnten – was wiederum Lufthansa zupass käme –, teilt Lauda nicht. „Das geht nicht binnen Stunden, da ist ein neues Vergabeverfahren für die Slots nötig“, erklärt Lauda. „Je länger der Verkaufsprozess dauert, desto kritischer wird es“, steht jedenfalls auch für den dreifachen Formel-1-Champion und Luftfahrtunternehmer fest.
Bei Air Berlin geht es aber nicht nur um Flugzeuge und Flugrechte, sondern vor allem um 8000 Arbeitsplätze. Die Gewerkschaft Verdi forderte deshalb unabhängig davon, wer den Zuschlag erhält, die Gründung einer Transfergesellschaft. Sie soll vom Bund und den Ländern Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern mitfinanziert werden. Die Gesellschaft soll jene Mitarbeiter weiterbeschäftigen, die von Käufern nicht übernommen werden. Laut dem Air-Berlin-Betriebsrat sieht es vor allem für die 2800 Beschäftigten außerhalb des Flugbetriebs schlecht aus. Piloten haben in der Vorwoche schon mit Krankmeldungen protestiert und für viele Flugstreichungen gesorgt.
Die Lufthansa wirft auch diesbezüglich einen Köder aus: „Wir glauben, voraussichtlich bis zu 3000 neue Mitarbeiter begrüßen zu dürfen“, sagte Spohr. (eid/ag)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2017)