Niki Lauda, der mit Thomas Cook und Condor antrat, dürfte seine ehemalige Fluglinie nicht zurückbekommen. Dafür wird die Airline Niki nun quasi die Schwester der AUA.
Berlin/Wien. Ort und Zeit blieben geheim. Bekannt war dafür das Thema: Am Donnerstag ging mit der Sitzung des Gläubigerausschusses das Rennen um die bankrotte Air Berlin in die entscheidende Phase. Die Zeit drängte, denn die deutsche Airline verbrennt täglich bis zu vier Mio. Euro, was den Staatskredit über 150 Mio. Euro rasch schmelzen lässt. Weshalb das Gremium auch bis am Abend Nägel mit Köpfen machte. Und es kam so, wie von Luftfahrtexperten seit Wochen erwartet: Der haushohe Favorit Lufthansa erhält den Löwenanteil, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von Insidern.
Die AUA-Mutter bekommt allerdings auch die Air-Berlin-Tochter Niki. Sie wird damit quasi eine „Schwester“ der AUA, die ebenfalls zum Lufthansa-Konzern gehört. Auf Niki hatte deren Gründer Niki Lauda gespitzt, der mit Thomas Cook und Condor zusammen angetreten war. Condor soll hingegen nur einen kleinen Teil bekommen, ebenso wie die britische Billig-Airline EasyJet.
Lauda hatte noch Donnerstagnachmittag die British-Airways-Holding IAG, zu der auch die Iberia und die spanische Billig-Airline Vueling gehören, als größten Konkurrenten erachtet. „Die IAG will mit ihrer spanischen Billigtochter Vueling die Start- und Landerechte von Niki in Mallorca und spitzt deshalb auf Niki“, sagte Lauda zur „Presse“. Am Abend verwies Lauda, mit der Entscheidung konfrontiert, auf das kartellrechtliche Problem angesichts der bestehenden Dominanz der Lufthansa-Gruppe in Deutschland und in Österreich. „Ich bin gespannt, wie die Prüfung ausfallen wird.“
„Abgekartetes Spiel“
Die Lufthansa hat von Anfang an auf das größte Stück vom Kuchen gespitzt. Weil es schon ab März – lange vor der Insolvenz der Air Berlin – Gespräche gegeben haben soll, sprach der Erzrivale Ryanair von einem abgekarteten Spiel mit der deutschen Bundesregierung. Zumal sich Politiker mehrfach für die Lufthansa aussprachen.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte noch am Mittwoch seine Wünsche präzisiert: Trotz des bereits hohen Marktanteils in Deutschland wolle er bis zu 80 der 144 Air-Berlin-Flugzeuge übernehmen. Darin seien jene 38 Maschinen enthalten, die die Lufthansa schon im Jänner samt Crews übernommen hat. „Viel mehr werden wir kartellrechtlich gar nicht machen können“, sagte Spohr. Einschließlich aller Umsteigeflüge habe die Lufthansa-Gruppe in Deutschland einen Marktanteil von 34 Prozent. Dieser Wert werde auch für die Kartellbehörden entscheidend sein. „Deshalb sind wir optimistisch, dass das, was wir uns vorstellen, genehmigungsfähig ist“, sagte Spohr.
Die mittlerweile großteils am Boden stehenden Langstreckenjets der Air Berlin interessierten die Lufthansa indes nicht. Die Langstrecken der Billigtochter Eurowings sollen aus eigener Kraft ausgebaut werden.
Die Rechnung ging auf, zumal Spohr auch für die 8000 Mitarbeiter der Air Berlin einen Köder ausgeworfen hat: „Wir glauben, voraussichtlich bis zu 3000 neue Mitarbeiter begrüßen zu dürfen“, sagte er. Laut dem Air-Berlin-Betriebsrat sieht es vor allem für die 2800 Beschäftigten außerhalb des Flugbetriebs schlecht aus. Piloten haben in der Vorwoche schon mit Krankmeldungen protestiert und für viele Flugstreichungen gesorgt.
Die Gewerkschaft Verdi forderte deshalb unabhängig vom Käufer die Gründung einer Transfergesellschaft. Sie soll vom Bund und den Ländern Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern mitfinanziert werden. Die Gesellschaft soll jene Mitarbeiter weiterbeschäftigen, die von Käufern nicht übernommen werden.
Faktum ist, dass die Air Berlin 40 Jahre nach der Gründung filetiert wird. Die endgültige Entscheidung könnte übrigens noch nicht im Aufsichtsrat am Montag fallen, sondern erst am 12. Oktober. Bis dahin sollen verhandelt werden.
("Die Presse", Printausgabe vom 22.9.2017)