"Pille danach" in Österreich ab sofort rezeptfrei

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Das Präparat "Vikela" zur Notfallverhütung wurde für Frauen aller Altersgruppen rezeptfrei gestellt. Dass nicht der Wirkstoff, sondern eine bestimmte Arznei freigegeben wurde, hat das Verfahren deutlich verkürzt.

Die "Pille danach" ist ab sofort in Österreichs Apotheken rezeptfrei erhältlich. Der entsprechende Bescheid wurde am Donnerstag vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen ausgestellt. Das teilte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums mit. Freigegeben wurde das Präparat "Vikela", das in Österreich derzeit noch von Gerot Pharmazeutika, ab 2010 von Sanova Pharma vertrieben wird.

Das Präparat zur Notfallverhütung wurde "für Frauen aller Altersgruppen rezeptfrei gestellt", hieß es im Ministerium. Der Beschluss erfolgte einstimmig nach Prüfung der vorliegenden Gutachten. Auch der Oberste Sanitätsrat hat kürzlich eine positive Empfehlung ausgesprochen.

Es wurde nun doch nicht der Wirkstoff, sondern eine bestimmte Arzneispezialität freigegeben, was das Verfahren verkürzt hat. Dazu wurde ein mehrere Jahre alter Antrag herangezogen. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) hat sich seit längerem für die Freigabe starkgemacht.

Fakten zur ''Pille danach''

In Österreich ist die „Pille danach“ seit 2000 im Handel. Die Erfolgsquote dieses Medikaments hängt stark vom Zeitpunkt der Einnahme ab. Die erste Tablette muss spätestens 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden, die zweite zwölf Stunden danach. Eine bereits eingetretene Schwangerschaft wird durch die „Pille danach“ nicht abgebrochen, auch eine schädigende Wirkung auf den Embryo kann ausgeschlossen werden. (mehr ...)

Zeitgleich mit der Tablette erhalten die Apotheken ein Info-Schreiben des Gesundheitsministeriums. Darin wird um Information der Patientinnen gebeten, unter anderem darüber, dass ein Notfallkontrazeptivum keinesfalls eine reguläre Verhütungsmethode ersetze. Auch eine Kontrolle durch einen Facharzt für Frauenheilkunde soll "nachdrücklich" empfohlen werden.

Zusätzlich sollen die Apotheker die Frauen darauf hinweisen, dass eine bestehende Schwangerschaft durch die Einnahme nicht abgebrochen werden kann und eine Verhinderung einer Schwangerschaft nicht in jedem Fall gegeben sei (besonders, wenn Unsicherheit über den genauen Zeitpunkt des ungeschützten Geschlechtsverkehrs besteht). Ein Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten durch die Anwendung sei nicht gegeben, auch darüber soll informiert werden.

Antrag von vor einigen Jahren

Die Freigabe von Vikela erfolgte aufgrund eines Antrags, den Gerot Pharmazeutika aus der Firmengruppe von Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein vor einigen Jahren gestellt hat. Das Gesundheitsministerium fragte nun nach und bekam die Auskunft, dass dieser noch aufrecht sei. Unter ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat sei der Antrag aus politischen Gründen nicht weiter verfolgt worden, so eine Sprecherin Stögers.

Zuletzt hatte es noch geheißen, dass Stöger eine Freigabe des Wirkstoffs plane. Weder Sanova, die ab 2010 den Vertrieb des aus Frankreich stammenden Produkts von Gerot übernimmt, noch das Pharmaunternehmen Kwizda wollten sich nämlich um Befreiung für ihre Produkte mit identem Wirkstoff bemühen. Die Wirkstofffreigabe hätte länger gedauert, weil diese nur über den Weg einer Verordnung - samt Begutachtung - möglich gewesen wäre.

(APA)

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