Klimaschutz: Milliarden für die Entwicklungsländer

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Die Staatengemeinschaft beim UN-Klimagipfel hat sich auf Finanzhilfen für Klimaschutz in armen Staaten verständigt. Bis zuletzt blieb aber umstritten, wie der Einsatz der Mittel kontrolliert wird.

KOPENHAGEN. Die Staatengemeinschaft hat sich beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen weitestgehend darauf geeinigt, den Entwicklungsländern hohe Summen im Kampf gegen den Klimawandel zur Verfügung zu stellen. Die EU hat schon vor einigen Monaten als Ziel 100 Milliarden Euro jährlich ab dem Jahr 2020 genannt. Die Entwicklungsländer hatten höhere Vorstellungen – die Rede war von mehr als 300 Milliarden Dollar. Sie haben sich aber im Laufe der Verhandlungen mit 100Milliarden Dollar zufriedengegeben – und zwar, nachdem sich auch die USA dazu bereiterklärten, in diesen Topf einzuzahlen.

Zusätzlich zu dieser ansteigenden Langfristfinanzierung soll es eine Schnellstarthilfe in der Größenordnung von 30 Milliarden Euro für die nächsten Jahre geben. Die EU hat dafür mehr als sieben Milliarden Euro zugesagt, die USA haben zehn Milliarden Dollar angekündigt.

Völlig offen blieb die Frage, wie solch riesige Summen aufgebracht werden sollen. Die OECD hat darauf eine Antwort zu geben versucht:
Die Finanzierung müsse sowohl aus öffentlichen als auch aus privaten Quellen kommen. Die Experten stellen fest, dass schon jetzt viel Geld für die Senkung des CO2-Ausstoßes in Entwicklungsländern fließt, nämlich zumindest zehn Milliarden Dollar pro Jahr. Davon kommen gut zwei Drittel aus Investitionen durch die Wirtschaft.

Preis für Kohlenstoff

Öffentliche Mittel teilen sich auf Exportgarantien, Entwicklungshilfe und auf den Handel mit CO2-Zertifikaten auf. Die direkten staatlichen Gelder liegen bei unter einer Milliarde Dollar. „Der private Sektor hat das größte Potenzial, um Aktionen gegen den Klimawandel zu finanzieren“, so die OECD-Experten.
Der wichtigste Schritt zur Steigerung der Mittel sei, Kohlenstoff einen Preis zu geben – sei es durch ein CO2-Handelssystem oder eine CO2-Steuer. Dabei könnten Beträge in Höhe von 2,5 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung hereinkommen. „Investoren brauchen ein klares Preissignal, das sie bekräftigt, in Technologien für eine grüne Zukunft zu investieren.“
Öffentliche Mittel müssten stärker für klimarelevante Aktivitäten verwendet werden. Ein Beispiel: Viele Länder, etwa China, Indien oder Russland, subventionieren fossile Energie mit jährlich mehr als 300 Milliarden Dollar. Würden diese Subventionen gestrichen – ärmere Menschen könnte man zum Ausgleich mit direkten Sozialbeihilfen unterstützen –, könnten die globalen CO2-Emissionen um zehn Prozent sinken.

Milliarden aus CO2-Zertifikaten

Die globalen CO2-Märkte sollten ausgebaut werden. Wenn der CO2-Ausstoß in Entwicklungsländern durch gezielte Investitionen gesenkt wird, etwa durch die Modernisierung eines Kraftwerkes, dann kann die CO2-Reduktion gewinnbringend verkauft werden. Das ist schon heute ein Milliardenmarkt, laut OECD könnte diese Finanzquelle bis 2020 auf zwölf Milliarden Dollar ausgeweitet werden.
Pensionsfonds könnten dazu ermutigt werden, in Klimafonds zu investieren. Die OECD schlägt dazu unter anderem eine Steuerbefreiung für solche Fonds vor.
Die staatliche Exportförderung solle zu einem Instrument für den Klimaschutz umgebaut werden. Weltweit machen Exportförderungen 31Milliarden Dollar pro Jahr aus, davon sind derzeit laut der Studie nur zwei Prozent Klimaschutzprojekten zuzuordnen.
Öffentliche Gelder sollten als Anreiz und Verstärker für private Investitionen dienen. Die OECD beziffert den „Hebeleffekt“ bei Klimaschutzprojekten mit sieben. Das heißt: Ein Euro aus öffentlichen Mitteln zieht sieben Euro an privaten Investitionen nach sich.

Technologie für Dritte Welt

Forschung und Entwicklung im Energiesektor müssten gefördert werden. Diese Mittel sind seit zwei Jahrzehnten rückläufig, sie sollten laut OECD vervierfacht werden. Dazu sollten internationale Forschungskonsortien gebildet werden, in denen auch Entwicklungsländer vertreten sind. So könnten die armen Staaten auch unmittelbaren Zugang zu Hochtechnologie bekommen. Zudem könnte die öffentliche Hand in manchen Fällen die Lizenzgebühren aus einer patentierten Technologie übernehmen, wenn ein Entwicklungsland diese anwenden will, es sich aber nicht leisten kann.

Und wie sollten die Mittel verteilt werden? Die von reichen Staaten finanzierten Aktivitäten sollten von Organisationen in den jeweiligen Entwicklungsländern durchgeführt werden und nicht von zentralen internationalen Organisationen – mit Letzterem habe man oft schlechte Erfahrungen gemacht. Überprüft werden müssten die Maßnahmen aber unbedingt von multilateralen Institutionen.

Gerade um diese Kontrolle stritten die Staaten in Kopenhagen bis zuletzt: Die EU und die USA – namentlich US-Präsident Obama bei seiner letztlich enttäuschenden Rede in Kopenhagen – verlangen von den Schwellen- und Entwicklungsländern volle Transparenz und den Austausch von Daten. Diese Staaten, allen voran China, wehrten sich dagegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2009)

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