In Deutschland hat sich die Kanzlerin in der Union gegen eine Männerriege – und einen Geheimbund – durchgesetzt. Konkurrenten wie Roland Koch oder Christian Wulff hat sie zermürbt. Nur die CSU-Granden vom Schlage eines Horst Seehofer oder eines Edmund Stoiber leisten aus München hie und da noch Widerstand.
Karin Stoiber hatte den Frühstückstisch im oberbayerischen Wolfratshausen üppig gedeckt. Erst am Vorabend hatte ihr Mann, Edmund, ihr en passant mitgeteilt, dass Angela Merkel um acht Uhr früh zu einem Hausbesuch in die Doppelhaushälfte der Stoibers komme. Es gab Honig, Marmelade, Käse und vieles mehr. Doch die beiden Unionspolitiker rührten das Frühstück kaum an, wie sich Edmund Stoiber 15 Jahre später erinnert. Als Frühaufsteher hatte er selbst bereits gegessen, und dem Gast war ohnehin nicht so sehr nach Essen zumute. Karin Stoiber zog sich diskret zurück: Sie wollte das politische Tête-à-tête nicht stören.
Damals, am 11. Jänner 2002, trug die CSU-Chefin ihrem Parteifreund, dem CDU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten, die Kanzlerkandidatur an. Es blieb ihr nichts anderes übrig: Eine Reihe von CDU-Spitzenpolitikern, allen voran die schwarzen Ministerpräsidenten, hatten sie unter Druck gesetzt und gedroht, ihr die Zustimmung zu verweigern. Stoiber trat im September 2002 dann gegen Gerhard Schröder an, den Regierungschef der rot-grünen Koalition in Berlin – und durfte sich für einige Stunden als neuer Bundeskanzler fühlen. Am Ende verfehlte er den Wahlsieg um rund 6000 Stimmen – und ermöglichte Angela Merkel so erst die Chance, Schröder drei Jahre später aus dem Amt zu jagen.