Das europäische Dilemma mit dem Klimaschutz

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Wie befürchtet schmelzen die ehrgeizigen EU-Ziele dahin.

Brüssel. In Kopenhagen wird einer der schlimmsten Albträume von José Manuel Barroso Wirklichkeit. Beim UN-Klimaschutzgipfel entspinnt sich nämlich genau jenes Drama in drei Akten, vor dem der Präsident der Europäischen Kommission seit Monaten warnt: Die Europäer beharren im ersten Akt auf dem Angebot, ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 nur dann um 30 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu senken, wenn sich andere Staaten vergleichbaren verbindlichen Zielen verschreiben. Damit versuchen die EU-Verhandler, die USA und China zu ernsthaften Reduktionszielen zu animieren.

Im zweiten Akt scheitert diese EU-Taktik, weil die USA – wie schon so oft – irgendeine Geldsumme in den Raum stellen, um davon abzulenken, dass ihr Ziel zur Emissionssenkung lächerlich klein ist. 17 Prozent Reduktion bis 2020 gegenüber dem Wert von 2005: Das bedeutet rund vier Prozent Senkung gegenüber dem Wert von 1990, also gerade ein Fünftel der 20-prozentigen Senkung, welche die EU freiwillig anbietet.

Und so erklärte Außenministerin Hillary Clinton am Donnerstag, die USA seien willens, in einen 100 Mrd. Dollar schweren Fonds einzuzahlen, aus dem ab 2020 den Entwicklungsländern bei der Einführung „grüner“ Technologien geholfen wird. Clintons Ankündigung hat keinen Nachrichtenwert. Die Summe von 100 Mrd. – allerdings Euro, nicht Dollar – für diese „Klimaschutz-Entwicklungshilfe“ war schon vor Monaten von der EU-Kommission vorgeschlagen worden. Zudem verschwieg Clinton, wie viel die USA in diesen Topf einzuzahlen gedenken.

Rationierung der Emissionen

Der Schlussakt des Kopenhagener Dramas sieht das Scheitern einer Einigung darüber vor, wie groß die Menge an Treibhausgasen sein soll, die alle Staaten der Welt ab 2014 in die Luft blasen. Ohne diese Rationierung der Emissionen lässt sich aber auch kein weltweites System zum Handel mit Verschmutzungsrechten bauen. Damit ist die Einführung der Klimaschutz-Entwicklungshilfe höchst unsicher. Denn laut Berechnungen der Kommission sollten 38 der 100 Mrd. Euro aus dem globalen Handel mit Emissionszertifikaten stammen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2009)

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