22. September

Gepflegte TV-Langeweile, Kerns gekürztes Gehalt, die Angst der Medien

Guten Morgen. Stellen Sie sich vor, Sie schreiben spätnachts einen Text, finden ihn ganz passabel und kopieren ihn in ein Mail. Sie sind müde, vertippen sich, und weg ist er. Und dann schreiben Sie das Gedankenprotokoll. Speichern ist etwas für Feiglinge.

Also: Christian Kern und Matthias Strolz mussten gestern im ORF nach ihrem Duell auf Puls4 wieder gegeneinander antreten. Beide wollten das sichtlich nicht und wandten sich daher lieber an ORF-Moderatorin Claudia Reiterer. Das ist aus Sicht beider verständlich, aber für den Zuseher etwas irritierend. Für Reiterer war es das sichtlich auch. Es ist verständlich, dass Politiker ihre Botschaften klar und einfach halten wollen. Aber haben Kern (Gärtnerinnen) und Strolz (die gestresste Alleinerzieherin) wirklich nur so wenige Geschichten auf Lager? Oder wie es Oliver Pink formuliert: „Polemisch könnte man sagen: Matthias Strolz hatte am Montag sein Heimspiel beim pinkfarbenen Sender Puls4, Christian Kern nun seines im ORF. Sind wir aber nicht. Polemisch. Sondern nüchtern und sachlich. Und solcherart halten wir fest: Zweimal Strolz gegen Kern innerhalb einer Woche ist einmal zu viel. Denn auf das muntere erste Duell folgte ein eher langatmiges am Donnerstag. Und das war erwartbar. Denn es war eigentlich alles schon gesagt. Beim Hinspiel. Alles. Mieten. Pensionen. Erbschaftssteuer. Bildung. Bergbauernbub. Arbeiterkind. Und auch das Setting war gleich: Neos-Chef Strolz als (nun ein wenig zurückgenommener) Angreifer, SPÖ-Chef Kern als milde lächelnder Verteidiger. Zwei, die sich im Grunde ganz gut verstehen. Und nicht zweimal in der Woche die sozialliberale Ausgabe von Don Camillo und Peppone im TV geben wollen. Strolz hatte sein Feuerwerk am Montag abgebrannt. Kern hatte an beiden Tagen keines mit. Aber er ist ja auch Kanzler.“ Wir sind alle müde.

Zuvor hatte Kern am Vormittag einen großartigen bahnbrechenden - Wortwitz! - Vorschlag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz formuliert: Managergehälter bei Unternehmen mit Mehrheit des Bundes wie beispielsweise Bahn und Verbund, aber auch Nationalbank sollen beschränkt werden. Als Maximalsumme schweben dem Kanzler 500.000 Euro im Jahr vor. Der Ex-ÖÖB–Chef: Er selbst sei bei seinem Engagement in der Bahn über dieser Summe gelegen. Dabei wäre er auch bei weniger Einkommen „keinen Deut weniger motiviert“ bei der Sache gewesen. Stimmt, er plante ja auch, Kanzler zu werden. Wobei er offenbar keine Papiere anfertigte . . .

Allzu viele Manager dürfte diese Beschränkung nicht treffen. Kern konnte die Zahl bei der Pressekonferenz auch nicht nennen. Er habe die Manager nicht durchgezählt, es gehe aber auch um einen symbolischen Wert. Details sind etwas für Assistenten.

Laut dem letzten verfügbaren Rechnungshof-Einkommensbericht für das Jahr 2014 wären damals gerade einmal zwölf Personen betroffen gewesen.

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