Muslimische Jugend: Protest gegen Muslimbrüder-Studie

Aktuelle Frage: Wie groß ist der Einfluss der Muslimbrüder in Österreich?
Aktuelle Frage: Wie groß ist der Einfluss der Muslimbrüder in Österreich?(c) Stanislav Jenis
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Die Muslimische Jugend prüft rechtliche Schritte, auch Anas Schakfeh, Ex-Präsident der Glaubensgemeinschaft, wehrt sich gegen den Vorwurf der Nähe zur Muslimbruderschaft.

Wien. Man habe nichts mit den Muslimbrüdern zu tun, heißt es von der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ) – und man bezeichnet jene vor zwei Wochen veröffentlichte Studie, in der vor dem Einfluss der Muslimbrüderschaft in Österreich gewarnt wird, als „Pamphlet“. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

1.) Wer steckt hinter der Muslimischen Jugend Österreich?

Die MJÖ ist eine 1996 gegründete islamische Jugendorganisation, seit 2006 ist sie auch Mitglied der österreichischen Bundesjugendvertretung. Sie organisiert für ihre Mitglieder unter anderem Vorträge, Reisen und Camps und ist auch karitativ tätig, etwa mit der Aktion „Fasten, teilen, helfen“, bei der Obdachlose mit Essen versorgt werden. Daneben ist sie ebenfalls politisch aktiv – so trat die Organisation etwa 2014 mit Kritik am Islamgesetz an die Öffentlichkeit – inklusive der Kampagne #SanacMussWeg gegen den damaligen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ), Fuat Sanac. Er habe, so der Vorwurf, bei den Verhandlungen mit der Regierung nicht transparent und im Sinn der Muslime gehandelt. Gegen die MJÖ werden allerdings immer wieder Vorwürfe erhoben, sie stehe mit der islamistischen Muslimbruderschaft in Verbindung – zuletzt auch in der eingangs erwähnten Studie des Extremismusforschers Lorenzo Vidino von der George-Washington-Universität.

2.) Wie lauten die Vorwürfe gegen die Muslimische Jugend?

In der Studie wird die MJÖ als Organisation geführt, die von der Muslimbruderschaft beeinflusst ist. Die Bruderschaft selbst, 1928 in Ägypten gegründet, soll in europäischen Staaten ein Netzwerk aus verschiedenen Organisationen geknüpft haben, mit dem Ziel, die Gesellschaft zu islamisieren. Sie soll Personen in Schlüsselpositionen für das Leben muslimischer Zuwanderer gesetzt haben – in Österreich nennt Studienautor Vidino etwa die Irpa, die für die Ausbildung islamischer Religionslehrer verantwortlich ist, als eine solche Organisation. Der Autor sieht durch personelle und organisatorische Verflechtungen jedenfalls einen Einfluss der Muslimbrüder auch bei der MJÖ. Vorwürfe, die übrigens schon länger bekannt sind.

3.) Ist eine Nähe der MJÖ zu den Muslimbrüdern nachweisbar?

Immer wieder erhoben wird der Vorwurf, die MJÖ sei Mitglied des Forum of European Muslim Youth and Student Organisations (Femyso) gewesen, einer Muslimbrüder-Organisation. Das bestreitet man bei der MJÖ auch nicht, allerdings sei man nur von 2003 bis 2005 „außerordentliches Mitglied gewesen“. Allerdings fand sich auf der Website der Jungen Musliminnen Österreich (JMÖ), einer Unterorganisation der MJÖ, ein entsprechender Eintrag – laut MJÖ ein „veraltetes Dokument“. Auch ein Kommentar des Politologen und langjährigen MJÖ-Aktivisten Farid Hafez im „Standard“, in dem er 2013 die Muslimbruderschaft in Ägypten als demokratische Kraft präsentiert hat, wird öfter als Beleg für eine Nähe angeführt. Rechtlich hat sich die MJÖ bereits mehrmals erfolgreich gegen den Vorwurf der Nähe zu den Muslimbrüdern gewehrt – unter anderem zog das „Profil“ 2015 entsprechende Vorwürfe nach einem gerichtlichen Vergleich zurück. Und auch bei der aktuellen Studie prüft die MJÖ nun rechtliche Schritte.

4.) Gibt es nun einen Einfluss der Muslimbrüder in Österreich?

Kritiker nennen personelle Verstrickungen zwischen österreichischen muslimischen Organisationen bzw. Personen und Einrichtungen der Muslimbrüder. Unter anderem wird Anas Schakfeh, dem ehemaligen Präsidenten der IGGiÖ, öfter Nähe zur Muslimbruderschaft vorgeworfen – am Montag weist er das in einer Pressekonferenz mit der MJÖ zurück. Die Vorwürfe kursieren schon länger – handfeste Beweise oder Gerichtsurteile, die das zweifelsfrei belegen, sind bis jetzt nicht aufgetaucht. Weil es sie einfach nicht gibt oder weil die Verschleierung zur Arbeit des Netzwerks gehört – das ist die entscheidende Frage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2017)

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