Die Suche nach dem perfekten Speicher

Parkplatz fuer Elektroautos
Parkplatz fuer ElektroautosAPA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas
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Das Speichern von Strom ist wesentlich komplizierter als das Speichern von Benzin oder Diesel. Gute Stromspreicher sind somit die Gretchenfrage bei der Elektromobilität.

Vor 26 Jahren brachte der japanische Konzern Sony erstmals einen Lithium-Ionen Akkumulator auf den Markt – jene Technologie, die heute die Batteriespeicher dominiert. Seither hat sich viel getan, sagt Jürgen Fleig, Professor für technische Chemie an der TU Wien. „Die Energiedichte wurde etwa verdreifacht.“ In einem gleich großen Akku kann also dreimal so viel Strom gespeichert werden wie im Jahr 1991. Nun ist diese Batterietechnologie aber weitgehend ausgereift. Es seien zwar noch Verbesserungen drinnen, „aber eine weitere Verdoppelung ist nicht mehr möglich“.

Doch genau die bräuchte es, um das größte Manko der Batterien zu beseitigen – das hohe Gewicht. Zum Vergleich: Ein voller 50-Liter-Benzin-Tank speichert rund 500 Kilowattstunden Energie und wiegt gerade einmal 50 Kilogramm. Die Batterie eines gängigen Tesla kann lediglich 85 Kilowattstunden speichern, bringt dafür aber etwa 600 Kilogramm auf die Waage. Das erklärt, warum Elektroautos trotz ihrer wesentlich höheren Effizienz auf viel geringere Reichweiten kommen als konventionelle Fahrzeuge. „Tesla hat ja keine besseren, sondern einfach größere Batterien in seinen Autos als die Konkurrenz“, sagt Fleig. Irgendwann sei hier allerdings das Ende der Fahnenstange erreicht. Eine Batterie mit dem Gewicht von einer Tonne sei in einem Auto schlicht absurd.

Doch was wird die Zukunft bringen? Wohl noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde so viel Energie in die Entwicklung neuer Stromspeicher gesteckt wie derzeit. In den Labors gebe es bereits durchaus vielversprechende neue Technologien, sagt der Chemiker. Lithium-Sauerstoff etwa, aber auch Lithium-Schwefel. Beide werden zwar das Kosten- und Rohstoffproblem nicht lösen, könnten aber die Speicherkapazität der Akkus massiv anheben. Optimisten würden sogar von einer Verfünffachung sprechen. „Das geht aber nur, wenn man lediglich einmal laden will.“ Ein sinnvolles Verhältnis von Ladezyklen und Energiedichte zu finden, sei schwierig. Eine Verdoppelung oder Verdreifachung sei aber durchaus vorstellbar. Allerdings werde das noch dauern, glaubt Fleig. Gute 20 bis 30 Jahre.

Problem für ganze Energiewende

Langfristig scheint das Reichweiten-Problem der Elektromobilität also lösbar zu sein – auch ohne die potenzielle Alternative eines Wasserstofftanks. Aber nicht nur die Elektromobilität, die gesamte Energiewende steht und fällt mit der Suche nach einem guten Stromspeicher. Und ohne erneuerbare Stromerzeugung, ergibt auch der Wechsel von Verbrennungs- auf Elektromotoren keinen Sinn. Solaranlagen und Windräder erzeugen Strom aber auch zu Mittag und in der Nacht, wenn der Bedarf gering ist. Ohne geeignete Speicher müssen sie abgestellt werden, um die Netze nicht zu überlasten. Schon heute muss Deutschland vier Prozent der Windenergie abdrehen, in China sind es 17 Prozent. Und das Problem wird größer. Im Vorjahr wurden weltweit 790 Megawatt an Ökostrom–Leistung zeitweise in Stromspeichern geparkt, schätzt die Analysefirma BNEF. In den nächsten sieben Jahren soll das auf 45 Gigawatt explodieren. Mit den bestehenden Speichermethoden ist das nicht zu schaffen.

Von einer funktionierenden Antwort auf diese Frage ist die Menschheit weit entfernt. Lithium-Ionen-Batterien im Fabriksausmaß wären viel zu teuer. Druckluftspeicher, bei denen überschüssiger Strom verwendet wird, um Luft in Kavernen zu pressen und die dabei entstehende Wärme gespeichert wird, verlieren bei der Rückumwandlung 60 Prozent der Energie. Ähnlich schlecht ist die Ausbeute der guten, alten Schwungräder.

Die wohl ausgereifteste Technik ist, billigen Überschussstrom zu verwenden, um große Mengen Wasser in die Berge zu pumpen und das Wasser bei Strommangel durch eine Turbine wieder ins Tal zu schicken. Dabei werden immerhin 65 Prozent der eingesetzten Energie erhalten. Österreich hat aufgrund seiner Topografie besonderes Glück: 8000 Megawatt Strom können die heimischen Pumpspeicher aufnehmen. Und dennoch reichen sie bei Weitem nicht aus, um den Ausbau der Ökostromanlagen zu schultern, sagt die E-Control.

Diese Lücke haben nicht nur Universitäten und Energieversorger entdeckt. Auch die Ingenieure der Alphabet X Labs, die geheimnisumwitterten Zukunftsforscher der Google-Mutter, probieren ihr Glück: Unter dem Codenamen Malta haben die Forscher eine Anlage konzipiert, die überschüssigen Strom in zwei großen Tanks voll Salz und zwei Tanks voll Frostschutzmittel speichern soll. Ähnlich wie bei einem Kühlschrank wird die Elektrizität genutzt, um das Salz mittels warmer Luft zu erhitzen und das Frostschutzmittel mit kalter Luft zu kühlen.
Ein Knopfdruck kehrt den Prozess um und die kalte und warme Luft strömen in starken Böen aufeinander zu – und treiben dabei eine Turbine zur Stromerzeugung an. Das Konzept an sich ist schon seit Längerem bekannt, Google will das Verfahren nun aber so billig gemacht haben, dass es bekannte Speichertechnologien Konkurrenz machen kann. Mehr als Pläne für eine erste kommerzielle Anlage gibt es bisher aber noch nicht.

Synthetischer Brennstoff gesucht

„Als Langzeitspeicher kommt ohnedies nur ein Brennstoff in Frage“, bremst E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer vorschnelle Euphorie. Dem stimmt auch Wolfgang Gawlik, Professor am Institut für Energiesysteme der TU Wien, zu: „Vor allem bei der Langfristspeicherung führt an einem chemischem Speicher nichts vorbei.“ Wenn es also darum geht, denn Sonnenstrom des Sommers in den kalten und dunklen Winter zu bringen.

Am meisten Potenzial wird hierbei einer Technologie zugetraut, die der französische Zukunftsautor Jules Verne bereits 1874 beschrieben hat. Der Erzeugung von Wasserstoff sowie künstlichem Erdgas mittels Elektrolyse – heute vor allem bekannt unter dem Namen „Power to Gas“. Dabei wird mittels Strom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Fügt man später noch CO2 hinzu, erhält man CH4 – also Methan. Wird das Kohlendioxid bei der Verbrennung (etwa in einem Kraftwerk) wieder eingefangen, kann somit ein CO2-freies Speichersystem aufgebaut werden, das einfach die bestehende Gas-Infrastruktur nutzt.

Ein perfektes Konzept, mit einem großen Pferdefuß. Den Kosten. Wird aus Strom Gas gemacht und dieses später wieder verstromt, entstehen Verluste von gut 65 Prozent. „Derzeit ist das einfach nicht sinnvoll“, sagt Gawlik. Dafür sei der Strom noch viel zu wertvoll. In einer Zukunft, in der jedoch Wind- und Solarkraftwerke ungeheure Überschüsse produzieren, sodass die einzelne Megawattstunde de facto keinen Wert mehr hat, könnten diese Verluste irgendwann vernachlässigbar werden.
Dann bräuchte es aber wohl auch größere Batteriespeicher im Netz – sei es in Form großer Anlagen, oder in Form von Millionen dezentraler Wohnungsspeicher. Diese Kurzfristspeicher müssten vor allem die kurzfristigen Schwankungen in der Produktion des Ökostroms puffern.

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