Heinrich Treichl, ehemals Generaldirektor der Creditanstalt, erinnert sich, wie es war, als ein Sektionschef den größten Eigentümer der Bank vertrat.
WIEN (kom). „Es war furchtbar – eine Peinlichkeit.“ Die Erinnerungen des heute 96-jährigen Heinrich Treichl, der in den 1970er-Jahren Generaldirektor der Creditanstalt-Bankverein AG war, sind zwar höchst lebendig, aber nicht eben positiv. Treichl weiß noch genau, wie es war, als der Staat der größte Eigentümer der Bank war und die Republik auch im Aufsichtsrat das alleinige Sagen hatte. „Da ist ein arroganter Sektionschef für den Staat drinnen gesessen, der die Kleinaktionäre abgeschmettert hat.“
Diese Zeiten sind zwar längst vergangen, doch haben verstaatlichte Banken in Österreich Tradition. Die Creditanstalt wurde 1946 verstaatlicht. Ab 1956 wurde die damals größte Bank Österreichs teilprivatisiert: durch den Verkauf von stimmrechtslosen Vorzugsaktien und „politisch platzierten“ (Treichl) Stammaktien mit Stimmrecht. In Staatseigentum standen auch die Länderbank und die Österreichische Postsparkasse, als diese noch (selbstständig) existierten.
Erst die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat wieder zu einer (Not-)Verstaatlichung geführt: Weil die Zahlungsunfähigkeit drohte, musste die Republik im November 2008 für symbolische zwei Euro die Kommunalkredit Austria übernehmen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2009)