Machtwechsel im grünen Bezirk

Die Amtsübergabe ist schon länger vereinbart, bekannt geben wollten Blimlinger (li.) und Reiter das erst nach dem 15. Oktober.
Die Amtsübergabe ist schon länger vereinbart, bekannt geben wollten Blimlinger (li.) und Reiter das erst nach dem 15. Oktober. (c) Stanislav Jenis
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Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger übergibt an Markus Reiter. Mit den Querelen in der Partei habe der Rückzug eines der prominentesten Wiener Grünen nichts zu tun.

Wien.Geplant war das so nicht. Nicht vor der Nationalratswahl, nicht in einer Zeit, in der ohnehin jeder von den Turbulenzen bei den Grünen spricht. Und auch Markus Reiter hatte dieser Tage andere Pläne: Erst einmal wollte er sich um das Pre-Opening seines Neunerhauses kümmern, das heute, Donnerstag, stattfindet (siehe unten).

„Es gebe sicher einen besseren Zeitpunkt“, kommentiert Thomas Blimlinger, der grüne Bezirksvorsteher von Neubau, dass sein Rücktritt früher als geplant bekannt wurde. Aber, weil Gerüchte auch nicht hilfreich sind, haben der scheidende Bezirksvorsteher und sein designierter Nachfolger eilig eine Pressekonferenz einberufen, um die Übergabe Ende November offiziell bekannt zu geben.

Dass Blimlinger, Wiens erster grüner Bezirkschef, nach 16 Jahren geht, sei lang geplant gewesen. „Ich bin im Jänner 60 Jahre geworden, da habe ich beschlossen, es ist Zeit für einen Generationenwechsel. Ich war vor neun Jahren schwer krank, das ist gut ausgegangen. Mir geht es gut, aber es ist Zeit aufzuhören“, sagt Blimlinger, um Gerüchten vorzugreifen.

Denn Gerüchte gibt es angesichts eines weiteren Rücktritts eines der prominentesten Grünen der Stadt viele. Neben den Problemen der Bundespartei gibt es in Wien weitere personelle Änderungen: Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou hat ihre Langzeitbüroleiterin Claudia Smolik verloren. Und auch Pressesprecher Patrik Volf verlässt das Vassilakou-Büro. Mit internen Differenzen, sagt Blimlinger, habe sein Ausscheiden aber nichts zu tun. Er, immer als Kritiker auch der eigenen Partei bekannt, sagt, das Verhältnis zu Vassilakou „wird besser, es war schon schlechter“.

In den kommenden Wochen will er sich jedenfalls im Wahlkampf voll engagieren, auch als Bezirkschef bleibe er bis Ende November aktiv. Dann wird Markus Reiter das Amt des Bezirksvorstehers übernehmen, darauf haben sich die Neubauer Grünen geeinigt. Wer ist Markus Reiter? Ihn kennt man in Wien seit 18 Jahren als Gründer und Geschäftsführer der Obdachloseneinrichtung Neunerhaus. Der gebürtige Oberösterreicher ist schon als Schüler in Gmunden den Grünen beigetreten. Über die grüne Studentenpolitik und Funktionen in der ÖH ist Reiter dann in der Bezirkspolitik gelandet. Seit 2001, also dem Jahr von Blimlingers Amtsantritt, hat der 46-Jährige für die Neubauer Grünen ein Bezirksmandat. Reiter sagt, er freue sich, einen „coolen, weltoffenen Bezirk“ führen zu dürfen. Pläne habe er bereits, verraten wollte er diese aber noch nicht: „Wenn ich angelobt bin, werde ich mich melden.“

Lieber gestalten als Opposition

Er sei jedenfalls, sagt er, nicht der große Sonntagsredner, sondern einer, der gern Verantwortung übernimmt. „Oppositionspolitikertum war nie meines, sondern eher das Gestalten.“ Von Blimlinger, der Neubau zu dem gemacht habe, was es heute ist, übernehme er einen Rucksack an Ideen.

Für Blimlinger sind die größeren Herausforderungen der Ausbau der U2, die ab 2023 über die Neubaugasse in Richtung Süden bis zum Matzleinsdorfer Platz fahren soll. Auch die Nachnutzung des fast gänzlich abgesiedelten Sophienspitals sei ein großes Projekt. Über seine Amtszeit zieht er eine positive Bilanz, erinnert an Wahlerfolge mit Spitzenwerten von bis zu 45,44 Prozent 2010. Was die Grünen in Sachen Wahlkampf von ihm lernen könnten? „Mehr Offenheit zu nicht grünaffinen Menschen.“ Pläne für die Zeit danach hat der Extrafikant – man nennt ihn auch wegen der sonoren Stimme Marlboro Man – nicht. Er werde sich zurückziehen und überlegen, was er machen könne. „Ich fühle mich nicht so pensionsreif, wie manche glauben.“ Politisch werde er bleiben, auch wenn er Neo-Neubau-Chef Reiter nicht mit Ratschlägen das Leben schwer machen wolle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2017)

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