Kurz will „Obergrenze gleich Null“

„Ordnung und Sicherheit ist die Basis für ein selbstbestimmtes Leben“, sagt Kurz bei der Präsentation.
„Ordnung und Sicherheit ist die Basis für ein selbstbestimmtes Leben“, sagt Kurz bei der Präsentation.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Das Team Kurz stellte weitere Pläne vor. Das Volk soll Abstimmungen erzwingen können, Asylwerber ihr Heim pflegen und die Länder einen Steuerwettbewerb führen.

Wien. Nicht zufällig lud ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Mittwoch in ein Lokal im 15. Wiener Gemeindebezirk, Rudolfsheim-Fünfhaus. Ganz bewusst in dieser Gegend präsentierte der Spitzenkandidat der Volkspartei sein Wahlprogramm zum Thema „Ordnung & Sicherheit“.

Kurz verwies darauf, dass der Bezirk einen Ausländeranteil von 40 Prozent und damit den höchsten innerhalb Österreichs habe. Dazu kämen noch weitere Migranten im Bezirk, die die österreichische Staatsbürgerschaft schon besitzen. Etwas Wien-Schelte durfte auch nicht fehlen: Es gebe „mehr und mehr Österreicher, die Wien verlassen“, sagte Kurz. Wobei er nicht unerwähnt ließ, dass er selbst ja in Meidling und damit in einem Nachbarbezirk von Rudolfsheim-Fünfhaus lebe.

Die Botschaft, die Kurz bei seiner Präsentation rüberbringen wollte, war klar. Er möchte im Wahlkampf als jener punkten, der sich klar gegen illegale Migration und gegen Parallelgesellschaften ausspricht. Schützenhilfe bekam Kurz dabei von der aus einer muslimischen Familie stammenden deutschen Autorin Zana Ramadani. Die frühere Aktivistin der feministischen Organisation „Femen“ lobte Kurz für die Einführung des Verschleierungsverbots, das ab 1. Oktober in Kraft tritt. „Da sind sie bestimmt gegen viele Wände gerannt“, sagte Ramadani zum Minister, der das Gesetz gegen Widerstände durchsetzte. Die Deutsche, die auch CDU-Mitglied ist, warnte vor der Entstehung von Parallelgesellschaften und vor falscher Toleranz.

Assistiert wurde Kurz am Mittwoch auch von zwei seiner Parlamentskandidaten: dem frühen Rechnungshofpräsidenten Josef Moser, der beim Thema Staatsreform für Ordnung sorgen soll. Und von Karl Mahrer, dem Vize der Wiener Landespolizei, der mehr Ausbildungsstellen für Exekutivbeamte („Viele glauben ja, Polizisten wachsen auf dem Baum und sind dann plötzlich da“) forderte. Und so sehen die Pläne der ÖVP zum Thema Ordnung und Sicherheit aus:

„Obergrenze gleich null“: „Die einzige Alternative, die wir haben, ist, die illegale Zuwanderung rigoros zu stoppen. Wir sprechen hier von einer Obergrenze gleich null“, heißt es in dem ÖVP-Programm. Das bedeute aber nicht, dass es keinerlei Zuwanderung geben solle. So würden etwa „absolute Schlüsselkräfte“ ins Land dürfen, ihnen soll sogar der Weg erleichtert werden. Schleppern wolle man aber keine Chancen mehr bieten. Und Leuten, die wegen ihrer Religion oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit verfolgt werden, müsse man am besten vor Ort bzw. durch spezielle Umsiedlungsprogramme helfen, meint die ÖVP.

Gemeinnützige Arbeit für Asylwerber. Die Asylwerber, die noch ins Land dürfen, sollten nach dem Grundsatz „Leistung für Gegenleistung“ etwas tun, heißt es in dem Programm. Das Papier nennt als Beispiele für mögliche Arbeiten von Asylwerbern „die Erhaltung und Pflege ihrer mit Steuergeld finanzierten Quartiere“ oder Mitarbeit in den Gemeinden. Im Gegenzug sollen Asylwerber Anreize wie ein Taschengeld erhalten.

Steuerwettbewerb der Länder. Die ÖVP will die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern neu überdenken. Moser forderte „einen Wettbewerbsföderalismus“ und eine Steuerautonomie der Länder. Einen bestimmten Steuersatz solle es bundesweit geben, aber die jeweiligen Länder sollten frei entscheiden, welche Zuschläge es darauf gibt.

Moser nannte als Vorbild die Schweizer Kantone. So solle das Volk auch in Österreich bei bestimmten Projekten abstimmen können, ob man dafür die Steuern erhöhen wolle oder nicht.

Fixe Tage für Volksabstimmungen. Überhaupt will die ÖVP mehr direkte Demokratie. Wenn ein Volksbegehren von mehr als zehn Prozent der Bevölkerung unterschrieben wird, soll das Anliegen den Wählern in einer Volksabstimmung zur Entscheidung vorgelegt werden.

Voraussetzung dafür ist aber, dass der Verfassungsgerichtshof zuvor keinen Widerspruch des Anliegens zu grund-, menschen-, bzw. völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs feststellt. Kurz will zwei Termine pro Jahr festlegen, an denen über Anliegen in Österreich abgestimmt wird.

Strengere Regeln. „Der politische Islam hat keinen Platz in unserer Gesellschaft“, heißt es im ÖVP-Papier. Neben gesellschaftspolitischen Maßnahmen will die ÖVP auch im Zivil- und Strafrecht ansetzen. So soll das Mindestheiratsalter von 16 auf 18 Jahren gehoben werden. Bei Hetze müsse es strengere Strafen geben, betonte Mahrer. Kurz forderte einmal mehr auch höhere Strafen bei Gewaltdelikten. Die letzte Reform habe hier nicht ausgereicht, es brauche höhere Mindeststrafen, erklärte Kurz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2017)

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