SPÖ legt Konzept gegen „Zwei-Klassen-Pflege“ vor

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ).
Sozialminister Alois Stöger (SPÖ).(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Es soll eine Pflegegeld-Erhöhung für schwerst behinderte Kinder sowie einen 50-Prozent-Zuschuss für die mobile Pflege geben. Finanziert werden soll das durch eine Erbschaftssteuer für „die reichsten zwei Prozent“.

Wien. Das Thema Pflege ist zurück im Wahlkampf – es wurde gestern, Mittwoch, von der SPÖ reaktiviert. Sie legte ihr Konzept für die kommenden Jahre vor und will gegen die „drohende Zwei-Klassen-Pflege“ kämpfen. Als ersten Schritt will die SPÖ eine Pflegegeld-Erhöhung für schwerst behinderte Kinder sowie die Übernahme von 50 Prozent der Kostenbeiträge für die mobile Pflege umsetzen. Finanziert werden soll dies unter anderem über eine Erbschaftssteuer „für die reichsten zwei Prozent“.

Das Pflegesystem dürfe nicht „zerstört oder kaputtgespart werden“, die Brieftasche nicht über die Qualität der Pflegeleistung entscheiden, sagte Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) und warnt vor der von der ÖVP geplanten „Ausgabenbremse“ zur Gegenfinanzierung von Steuerentlastungen: Eine solche Ausgabenbremse würde bedeuten, dass das Pflegebudget jedes Jahr lediglich um die Inflationsrate steigen würde; dies hätte „fatale Auswirkungen“. So hätten beispielsweise im Zeitraum 2013 bis 2016 zusätzlich rund 460 Millionen Euro in der Pflegevorsorge eingespart werden müssen. „Das ist der falsche Weg“, heißt es im SPÖ-Papier. Ein klares Nein gibt es von der SPÖ auch zu einer Pflege-Versicherung: „(...) die Sicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit ist Aufgabe des Staates und darf die Menschen nicht zusätzlich belasten.“

Eine „nachhaltige und faire Finanzierung“ soll durch eine „Überführung der derzeitigen, zerstreuten Finanzierung in einen Pflegegarantiefonds“ geschehen. Gespeist werden soll dieser Fonds aus Mitteln des Bundes, der Länder (zu nahezu gleichen Anteilen) sowie aus „Mitteln aus einer gerechten Erbschafts- und Schenkungssteuer“ (letztere soll 2018 starten).

Pflegeberuf soll attraktiv sein

Der Freibetrag bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer soll laut SPÖ eine Million Euro pro Erben betragen. Nur jener Betrag, der über einer Million liegt, soll besteuert werden (und zwar mit 25 Prozent; über fünf Millionen Euro würde der Satz bei 30 Prozent und über zehn Millionen Euro bei 35 Prozent liegen). Betroffen wären nur die reichsten zwei bis drei Prozent aller Haushalte, heißt es im SPÖ-Konzept. Bringen soll das im ersten Jahr rund 500 Millionen Euro, die für die Pflege zweckgewidmet werden sollen.

Durch die Einnahmen will die SPÖ folgende Punkte „unverzüglich“ erledigt haben: Pflegebedürftige sollen nur mehr die Hälfte für mobile Leistungen bezahlen – die andere Hälfte der Bund übernehmen. Dadurch soll etwa der Wertverlust des Pflegegeldes (rund 25 Prozent seit dessen Einführung) kompensiert und darüber hinaus sollen die Angehörigen „massiv entlastet“ werden. Eine sofortige Verbesserung will die SPÖ auch für Familien mit schwerst behinderten Kindern erreichen, die erhöhte Familienbeihilfe beziehen: Derzeit wird diesen Betroffenen monatlich 60 Euro vom Pflegegeld einbehalten, das soll sich ändern; pro Fall und Jahr würde das 720 Euro mehr an Pflegegeld bedeuten.

Zur Attraktivierung der Pflegeberufe ist eine Gesundheitsförderung für Pflegekräfte in Höhe von jährlich 1000 Euro sowie eine sechste Urlaubswoche ab dem 43. Lebensjahr vorgesehen. Darüber hinaus schlägt das SPÖ-Konzept als „Mobilitätsförderung“ für die Pflegekräfte einen 1000 Euro-Zuschuss zum Führerschein vor. Jährlich sollen 20 Millionen Euro in Aus- und Weiterbildung investiert werden und bis 2022 pro Jahr zusätzlich 1000 Stellen im Pflegebereich geschaffen werden.

Laut SPÖ belaufen sich die Gesamtkosten von 2018 bis 2021 auf maximal 2,019 Milliarden Euro. Aus dem Erbschafts- und Schenkungssteuer-Modell sind demnach 2,092 Milliarden Euro zu erwarten. Finanziert werden sollen damit auch die Kosten für die Abschaffung des Pflegeregresses. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Kassen-Reform? Länder machen mobil

Die Landesreferenten wollen keine Zusammenlegung der Sozialversicherungen.
Symbolbild: Pflegeheim
Innenpolitik

Pflegeheim - das "Horrorszenario" für Österreicher

Die Mehrheit der Österreicher möchte in den eigenen vier Wänden alt werden - oder einmal bei den Kindern wohnen. Die größte Angst ist es, alleine zu sein, ergibt eine Studie des market Instituts.
Symbolbild: Wiener Gebietskrankenkasse
Innenpolitik

Bundesländer machen sich für Erhalt der Krankenkassen stark

Die Gesundheitsreferenten der Länder sprechen sich für die Harmonisierung von Leistungen sowie - "wo sie Sinn machen" - Zusammenlegungen im Verwaltungsbereich aus.
Symbolbild: Senioren mit Hund
Österreich

Altersvorsorge: Österreich hat europaweit höchsten Staatsanteil

Das internationale Forschungsprojekt "Agenta" hat die Auswirkung der Bevölkerungsalterung auf staatliche Transfersysteme untersucht.
Symbolbild: Pflegeheim
Innenpolitik

Pflegeregress: 100 Millionen Euro sind den Ländern nicht genug

Die Bundesländer fordern für 2018 eine sofortige Abgeltung des Einnahmenentgangs von 200 Millionen Euro. Zur Regelung der Folgekosten schlagen sie eine 15a-Vereinbarung vor.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.