Hypo als Staatsbank zur Sparsamkeit verpflichtet

(c) Vinzenz Schüller
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Mit der Übernahme durch die Republik finden sich Banken über Nacht in einem grundlegend geänderten rechtlichen Rahmen wieder – Rechnungshofkontrolle und Stellenbesetzungsgesetz inklusive.

WIEN. Kreditinstitute waren in Österreich bis vor Kurzem vor allem Gegenstand von Privatisierungsbestrebungen. Doch die Krise auf den internationalen Finanzmärkten scheint diesen langjährigen Trend – zumindest vorübergehend – ins Gegenteil verkehrt zu haben. Nach der staatlichen Übernahme der Kommunalkredit Austria im Vorjahr hat kürzlich die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria für einen Paukenschlag in der österreichischen Kreditwirtschaft gesorgt. Und schon wird gemutmaßt, ob nicht noch weitere heimische Banken als Kandidaten für eine baldige staatliche Übernahme anzusehen sind.

Zwar ist mit einem echten „Revival“ der staatlichen Kreditwirtschaft schon allein wegen der Reprivatisierungsvorgaben des österreichischen Bankenpakets auf längere Sicht nicht zu rechnen. Dennoch finden sich die verstaatlichten Banken in ihrer neuen Rolle als nunmehr öffentliche Unternehmen in einem stark veränderten rechtlichen Umfeld. Unter anderem stellen sich für die betroffenen Institute folgende Fragen:

1. Kommt es durch die Verstaatlichung zu einer Eingliederung in die staatliche Verwaltung?

Die Verstaatlichung führt nicht per se zu einer Eingliederung in die staatliche Verwaltung. Daher sind auch die Regeln über die Amtsverschwiegenheit, die Auskunftspflicht und die Amtshaftung (außer in Sonderkonstellationen) grundsätzlich nicht anwendbar. Verstaatlichte Banken sind außerdem prinzipiell nicht an staatliche Weisungen oder unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Die betroffenen Institute unterliegen in aller Regel auch nicht der direkten parlamentarischen Kontrolle, in Betracht kommt aber eine Kontrolle durch die Volksanwaltschaft.

2. Unterliegen die verstaatlichten Banken der Kontrolle des Rechnungshofs?

Verstaatlichte Kreditinstitute unterliegen jedenfalls der Kontrolle durch den Rechnungshof, wenn der Bund mindestens die Hälfte der Anteile übernimmt. Selbst bei geringeren Beteiligungen kann eine Prüfkompetenz gegeben sein, wenn der Bund das betroffene Unternehmen allein oder mit anderen öffentlichen Einrichtungen oder Unternehmen (z.B. im Rahmen von Syndikatsverträgen) de facto betreibt oder wirtschaftlich und finanziell beherrscht. Das hat der Gesetzgeber zuletzt anlässlich der Kostenüberschreitungen bei der Flughafenerweiterung Skylink klargestellt. Die Rechnungshofkontrolle erstreckt sich auch auf mehrheitlich kontrollierte Tochter- und Enkelgesellschaften im In- und grundsätzlich auch im Ausland.

3. Welche Folgen hat das für die Bank?

Die Prüftätigkeit des Rechnungshofs bezieht sich auf die gesamte „Gebarung“ der betroffenen Rechtsträger, also auf jedes Verhalten, das finanzielle Auswirkungen hat. Geprüft wird die ziffernmäßige Richtigkeit, also die Ordnungsmäßigkeit des Kassen- und Rechnungswesens, die Befolgung der anwendbaren Rechtsvorschriften und ganz allgemein die Effizienz der gesamten Geschäftstätigkeit.

Daher sind sämtliche Ausgaben auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen und das Vorliegen dieser Kriterien ist auch zu dokumentieren. Konkret kann das etwa bedeuten, dass beim Ankauf von Waren und insbesondere bei der Beauftragung externer Dienstleister (vom Reinigungsdienst bis zum Wirtschaftsprüfer) ein vergabeähnliches Verfahren durchgeführt werden muss oder bei der Veräußerung von Beteiligungen ein Bewertungsgutachten zu erstellen ist.

4. Was ist bei der Besetzung von Vorständen und Geschäftsführern zu beachten?

Unterliegen Gesellschaften der Rechnungshofkontrolle, so hat die Auswahl von neuen Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern nach den Vorgaben des Stellenbesetzungsgesetzes zu erfolgen. Selbst wenn intern ein geeigneter Kandidat zur Verfügung stünde, ist daher eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen. Außerdem sind für Managerverträge eigene Vertragsschablonen zu verwenden, wonach Bonifikationen vom Erfolg der Bank abhängig sein müssen – dies orientiert sich zwingend an der Gewinn-, Umsatz- und Exportentwicklung sowie an der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.

5. Haben verstaatlichte Banken das Vergaberecht zu beachten?

Grundsätzlich nein. Die Regeln über die Vergabe öffentlicher Aufträge finden für die betroffenen Institute nur dann Anwendung, wenn diese nach ihrer Verstaatlichung als „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ und damit als öffentliche Auftraggeber zu qualifizieren sind. Dafür wäre neben einer überwiegenden Finanzierung durch die öffentliche Hand eine Betrauung mit im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art erforderlich. Dies wird allerdings im Regelfall bei Banken, auch wenn sie vom Staat übernommen werden, nicht zutreffen, da die Verstaatlichung an sich keine Änderung des Geschäftsfelds mit sich bringt und die Institute weiterhin mit anderen Geschäftsbanken in einem intensiven Wettbewerb stehen. Eine andere Beurteilung kann sich im Einzelfall ergeben, wenn eine Bank oder ein Tochterunternehmen bereits vor der Verstaatlichung Dienstleistungen im Allgemeininteresse erbracht hat oder im Zuge der Verstaatlichung mit derartigen Aufgaben betraut wird (zu denken ist etwa an einen „Auftrag“ zur Finanzierung bonitätsschwacher Unternehmen oder an eine Einbindung der Institute in die Vergabe öffentlicher Beihilfen).

6. Können die Bankmitarbeiter bestochen oder „angefüttert“ werden?

Bankmitarbeiter haben sich selbstverständlich ganz allgemein im Umgang mit (möglichen) Geschäftspartnern redlich zu verhalten. Die im Vergleich zur Privatwirtschaft strengeren Antikorruptionsvorschriften für Amtsträger (Stichwort „anfüttern“) sind auf Mitarbeiter verstaatlichter Banken jedoch nur dann anzuwenden, wenn das jeweilige Institut weit überwiegend Leistungen für die öffentliche Verwaltung erbringt. Auch das wird bei den verstaatlichten Instituten, soweit es sich um privatwirtschaftlich tätige Geschäftsbanken handelt, nur selten der Fall sein. Sofern das Institut jedoch in die Erbringung öffentlicher Aufgaben eingebunden ist, kann die Amtsträgereigenschaft oft nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Ist die Amtsträgereigenschaft im Einzelfall zu bejahen, ist für die betroffenen Mitarbeiter bei der Annahme von Geschenken und sonstigen Vorteilen (z.B. Einladungen) höchste Vorsicht geboten. Denn sofern ein Zusammenhang mit einer pflichtwidrigen (zukünftigen) Vornahme oder Unterlassung einer amtlichen Handlung nachgewiesen werden kann, kann die Entgegennahme unter Umständen als strafbare Bestechlichkeit bzw. Vorteilsannahme qualifiziert werden.

7. Welche Vorgaben ergeben sich sonst aus der Verstaatlichung?

Als öffentliche Unternehmen treffen die verstaatlichten Banken darüber hinaus besondere Transparenzvorgaben. So sind sie beispielsweise aufgrund des Sonderrechnungslegungsgesetzes unter Umständen zur getrennten internen Kontenführung und zur Aufbewahrung entsprechender Aufzeichnungen verpflichtet. Das soll Querfinanzierungen zwischen einzelnen Geschäftsbereichen verhindern.

8Was bedeuten die Vorgaben konkret für die betroffenen Banken?

Der geänderte Rechtsrahmen stellt die Leitungsorgane und die Rechtsabteilungen der verstaatlichten Institute vor beträchtliche Herausforderungen. Quasi über Nacht muss die für das Unternehmen konkret geltende Rechtslage erkannt und implementiert werden, um Verstößen von vornherein keinen Raum zu bieten. Dies macht nicht zuletzt eine tiefgreifende Überarbeitung der unternehmensinternen Compliance-Systeme unumgänglich.

Dr. Thomas Schirmer, LL.M.
(Tulane), ist Partner,
Mag. Markus Pinggera ist Rechtsanwaltsanwärter bei Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2009)

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