Trump spielt letzten Trumpf aus

Donald Trump am Verhandlungtisch.
Donald Trump am Verhandlungtisch.(c) REUTERS (JOSHUA ROBERTS)
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USA. Die „größte Steuerreform der Geschichte“ hat der US-Präsident angekündigt. Ob sie eine Mehrheit findet, ist ebenso offen wie ihre Gegenfinanzierung. Sie könnte auch die Schulden in die Höhe treiben.

Wien/Washington. Als „obersten Cheerleader“ hat ein Steuerexperte Donald Trump nach dessen Rede in Indianapolis bezeichnet. Tatsächlich: Für Stimmung und große Erwartungen hat der US-Präsident gesorgt. Sein Plan sei der „größte Steuererlass in der Geschichte unseres Landes“, ein „Mittelstandswunder“ und ein Zaubermittel, durch das die Jobs nach Amerika „zurückströmen“.

Aber hinter dem gewohnten Getrommel mit Superlativen steckt diesmal mehr. Monatelang haben Republikaner in Regierung und Kongress den Reformplan ausgebrütet. Die Zeit drängt: Seit dem Machtwechsel im Jänner konnten sie kein einziges größeres Gesetzesprojekt durchbringen.

Trumps wichtigstes Wahlversprechen, die Abschaffung der Krankenversicherung Obamacare, ist krachend gescheitert. Mit Jahreswechsel beginnt die Kampagne zu den Midterm-Kongresswahlen. Wenn sie bis dahin die versprochene Steuerreform nicht durchgebracht hat, steht die Partei des Präsidenten mit leeren Händen da. Vorerst gibt es nur einen „Rahmen“. Was schon gezimmert ist:

• Die stärksten Entlastungen betreffen Unternehmen. Sie zahlen auf ihre Gewinne statt 35 nur noch 20 Prozent Steuer (allerdings liegt schon heute die effektive Rate durch viele Ausnahmen oft deutlich niedriger als die offizielle). Im Ausland lagernde Gewinne multinationaler Konzerne will man zurück ins Land locken, einmalig besteuert zu einem sanften Satz. Eine Art Amnestie also, die es schon unter Präsident Bush gab und auf deren Wiederholung vor allem Tech- und Pharmafirmen drängen. Die Konzerne haben nun 2,6 Billionen Dollar in Ländern geparkt, wo sie oft nur sehr wenig Steuern zahlen. Aber sie müssten derzeit ihren Schatz laut US-Recht – weltweit einmalig – bei Rückholung voll versteuern, zu den hohen heimischen Sätzen.

• Bei der Einkommensteuer bleiben von sieben Klassen nur doch drei. Der Spitzensteuersatz sinkt von 39,6 auf 35 Prozent, der Eingangssatz steigt von zehn auf zwölf. Ein wenig sollen aber auch Geringverdiener profitieren, durch die Verdoppelung der Freibeträge und höhere Absetzbeträge für Kinder. Sind Spitzenverdiener die großen Gewinner, wie die Opposition kritisiert? Der Plan enthält die Option, einen Höchstsatz für Superreiche zu ergänzen. Diese Verhandlungsmasse sehen die Republikaner in der Hoffnung vor, einige Demokraten auf ihre Seite zu ziehen – deren Stimmen sie wegen knapper Mehrheiten brauchen.

Abschaffung der Erbschaftssteuer

• Definitiv profitieren Vermögende von einer Abschaffung der Erbschaftssteuer. Sie ist in den USA eine Reichensteuer, weil sie erst ab fünf Mio. Dollar greift.

Die große Unbekannte bei alledem: Wie stark sind die Senkungen durch Streichung von Ausnahmen finanziert? Gegen sie beginnt nun der Ansturm der Interessengruppen. Ein Beispiel: Kreditzinsen sollen Firmen nur noch zum Teil absetzen können. Dagegen werden Entwickler von Gewerbeimmobilien und Beteiligungsfonds, die sich stark mit Schulden finanzieren, Sturm laufen. Einflussreiche Lobbys haben schon die „Grenzausgleichssteuer“ gekippt, nun dürften sie die Gegenfinanzierung der Reform rupfen.

Damit ist völlig ungeklärt, wie stark sie die Staatsschulden weiter erhöht. Vorsorglich haben die Republikaner im Senat ihren Sanktus zu 1,5 Billionen Dollar an Einkommensverlusten über zehn Jahre gegeben – jene Partei, die unter Obama steigende Staatsschulden als größte Bedrohung Amerikas geißelte. Ein Institut rechnet sogar mit Ausfällen von 2,2 Bio. Dollar.

Skepsis über Selbstfinanzierung

Freilich hoffen die Republikaner darauf, dass die Steuersenkung die Wirtschaft so antreibt, dass sich die Reform von selbst finanziert. Trump träumt von einem ganzen Prozentpunkt zusätzlichen Wachstums, die Budgetbehörde rechnet mit weit weniger. Ihre Skepsis hat auch mit dem Zeitpunkt zu tun: Es herrscht fast Vollbeschäftigung, ein fiskalischer Schub kann die Volkswirtschaft leicht überhitzen. Dann aber muss die US-Notenbank Fed die Zinsen schneller anheben, was den Effekt dämpft oder gar aufhebt. In diesem Fall könnte die Reform – zusammen mit künftigen Mehrkosten durch pensionsreife Babyboomer – die US-Schuldenquote von aktuell 77 Prozent in Richtung 100 Prozent treiben. Den stärksten Effekt dürfte ein befristeter Anreiz haben: die Komplettabschreibung von Investitionen zum Zeitpunkt des Kaufs. Aber sie bliebe ein Strohfeuer oder „Zuckerrausch“, fürchten Ökonomen. Doch das könnte genügen, um Trump wieder etwas Rückenwind zu verschaffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2017)

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