Weihnachten im Widerstandscamp

(c) APA (Barbara Gindl)
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Auch außerhalb der Unis gibt es Besetzer: zum Beispiel im Augarten.

WIEN. Es ist bitterkalt. Das russische Tief eben. Raja Schwahn-Reichmann nimmt es mit Humor: „Kälte ist besser als Nässe.“ Die Künstlerin, die gegen die Verbauung des Augartens durch die geplante Konzerthalle des deutschen Investors Peter Pühringer protestiert, sitzt seit Monaten mit ihrer Bürgerinitiative im Widerstandscamp im Augartenspitz. Und dort, ausgerüstet mit Decken, Zelten und einer Heizung, werde sie weiterhin bleiben, kündigt sie an: „Wir organisieren gerade eine Weihnachtsfeier.“

Kinomontag

Wie es mit der Besetzung 2010 weitergeht – dem Jahr, in dem der Spatenstich für die Sängerknaben-Konzerthalle stattfinden soll? Schwahn-Reichmann: „Wir machen Veranstaltungen, um möglichst viele Menschen in den Augartenspitz zu bekommen, beispielsweise unseren Kinomontag.“ Das Ziel: „Möglichst viele Menschen hierher zu bekommen, damit sie sich solidarisieren.“ Zuletzt habe auch Staatsoperndirektor Ioan Holender erklärt, er unterstütze die Proteste, so Schwahn-Reichmann.

Und was wurde aus den anderen Protestbewegungen des Jahres 2009? Die Wagenplatzgruppe (Alternative, die eine Wohnsiedlung aus Fahrzeugen gründete) spaltete sich, nachdem sie ihren Standplatz in Simmering hatte räumen müssen. Wobei eine Gruppe (vorübergehend) einen legalen Standort gefunden hat, und die zweite Gruppe derzeit ein Grundstück der Stadt in der Hafenzufahrtsstraße (zweiter Bezirk) besetzt, nachdem es bereits an anderen Orten Besetzungen durch diese Gruppe gab. Im zuständigen Wohnbauressort heißt es: „Es gibt Gespräche über ein freies Grundstück im 22.Bezirk.“ Die Miete dort soll etwa 22.000 Euro pro Jahr betragen.

Die Besetzung eines prominenten Objekts sorgte heuer ebenfalls für Aufregung: Das leer stehende Amtshaus in der Triester Straße 114, besser bekannt als „Amt für Weihnachtsdekoration“ aus der TV-Serie MA2412, wurde im Oktober von Hausbesetzern okkupiert. Nach zehn Tagen wurde die ehemalige Schule mit tatkräftiger Unterstützung der Polizei geräumt. Immerhin soll nach dem Umbau das Wiener Forstamt einziehen; auch wenn die Mitarbeiter wegen des abgelegenen Standortes das Haus lieber den Punks schenkten, Widerstand leisten und nicht verstehen, warum eine Magistratsabteilung mitten in die Einöde verlegt wird.

MA2412 besetzt

Mit den ehemaligen Hausbesetzern, die in der MA2412 ihre Vorstellung eines alternativen Lebens umsetzen wollten, ist die Stadt Wien trotz Räumung durch die Polizei weiterhin in Kontakt. Man will vermeiden, dass es zu weiteren Hausbesetzungen kommt und möchte auf dem Gesprächsweg Lösungen finden, heißt es im Wohnbauressort: „Wenn die ehemaligen Besetzer konstruktive, umsetzbare und sinnvolle Vorschläge haben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2009)

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