TV-Kritik

"Tatort" München: Gangbang mit Todesfolge

Tatort: "Hardcore"
Tatort: "Hardcore"BR/Hagen Keller
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In "Hardcore" kommt eine Pornodarstellerin zu Tode. Daraufhin erhalten die Münchner "Tatort"-Kommissare Batic und Leitmayr Nachhilfe in Gruppensex.

Unsere Wertung für diesen "Tatort":

9 von 10 Punkten

Worum geht's in "Hardcore"?

Studentin mit Blow-Nebenjob: Marie Wagner führt ein Doppelleben. Die junge Frau aus gutem Hause verdient sich ein Zubrot als Pornodarstellerin - und wird nach einem Dreh mit Gruppensex tot aufgefunden. Im rosa Planschbecken, das als farblich passende Requisite diente (Maries Künstlername war Luna Pink), schwimmt nicht nur die Tatwaffe, sondern allerlei Sekret verschiedenster Provenienz. Mit einem gewissen Widerwillen machen sich die Kommissare Batic und Leitmayr also daran, in der Pornoszene zu ermitteln.

Worum geht's noch?

Es geht um gekaufte Lust, gängige Moralvorstellungen und die Frage, ob es den Darstellerinnen womöglich gar nichts ausmacht (mehr noch: sogar ein gewisses Vergnügen bereitet), sich für Pornofilme erniedrigen zu lassen. Warum sonst sollte sich eine Studentin, die "alles hatte", wie Maries Mutter in verständnisloser Verzweiflung stammelt, für so etwas hergeben?

Wer ermittelt?

Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) brillieren diesmal als versierte "alte Hasen" mit altmodischen Ansichten zum Thema Sex und Porno. Nachwuchskommissar Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) wird zunehmend zur Stütze am Revier - und ist diesmal nicht nur für die Aufklärung in Sachen Elektronik und neue Medien zuständig: "Kalli, Du kennst dich doch jetzt aus: Wie läuft so ein Gangbang ab und was ist der Unterschied zu Bukkake?" (Wer's wissen will: Bitte selber googeln!)

Was gefällt?

Batic und Leitmayr lavieren sich durch die Pornoszene, als wären sie Einbrecher in einem Hochsicherheitstrakt mit einem Gewirr an tödlichen Lichtschranken: Bloß nirgends anstreifen! Die zwei kommentieren das Geschehen mit einer Mischung aus Abscheu und Amüsement - ist ja auch komisch, wenn eine Laien-Pornodarstellerin erzählt, wie sie einem der Kollegen "in die Eier beißt" (um dann vom Set zu fliegen). Grandios auch der Moment, als Leitmayr (er spricht mit zwei Darstellern, die während einer FKK-Jausenpause dafür sorgen, dass ihr bestes Stück einsatzbereit bleibt) eine Einladung erhält, für einen erkrankten Darsteller einzuspringen: Das Setting mit den beiden Nackten vor einem Bild mit Hirschen erinnert an die Ölgemälde der alten Meister.

Was gefällt noch?

Die beiden Kommissare packen die Pornosache gar nicht. Das führt zu amüsanten Situationen - etwa beim Interview mit einer Nacken, die dauernd mit einem Klistier fuchtelt. Oder in den Dialogen zwischen den beiden Ermittlern. Leitmayr: "Bei deinen Moralvorstellungen von anno Ex-Jugoslawien wundert es mich, dass du überhaupt irgendwas verstehts." Batic; "In dieser Hinsicht war Bayern viel katholischer als wir da unten." Das alte Schulmädchen-Plakat, das der Pornoproduzent im Vorzimmer hängen hat, gefällt ihm jedenfalls: "Das waren noch Zeiten! Sexuelle Aufklärung". Das Bukkake-Cover der neuesten DVD findet Batic hingegen abstoßend. Dass die auch noch 25 Euro pro Stück kostet, hält er für übertrieben: "Da waren die Wix-Kabinen am Bahnhof früher günstiger". Ein bisschen Erfahrung haben die beiden Herren also doch . . .

Wo hakt's?

In "Hardcore" wird ein heikles Genre ohne übertrieben explizite Darstellung, dafür mit einem Augenzwinkern thematisiert. Wer keine nackten Menschen sehen und keine Pornoausdrücke hören will, der sollte diesen Sonntag aber lieber nicht einschalten . . .

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