Bericht: Wiener Symphoniker verschwenden Steuergeld

Archivbild: Die Wiener Symphoniker bei einem Auftrittin Bregenz
Archivbild: Die Wiener Symphoniker bei einem Auftrittin Bregenz
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Zu viel Personal, zu wenig Leistung, finanzielle Verluste: Der Stadtrechnungshof spricht wörtlich von Missständen bei dem Orchester, das die Vorwürfe zurück weist.

Die Prüfer des Wiener Stadtrechnungshofes (StRH) formulieren traditionell vorsichtig – geht es in den kritischen Berichten, die regelmäßig Misswirtschaft und Verfehlungen in der Verwaltung aufdecken, doch um heikle juristische Materien. Wenn allerdings der StRH wörtlich von „Missständen“ spricht, muss es wirklich ein drastischer Fall sein. So geschehen beim Bericht über die Zustände bei den Wiener Symphonikern, der sich dem dortigen Umgang mit Steuergeld widmet.

Ein Überblick:

  • Kritische Finanzen. Der StRH hält fest, dass der Verein Wiener Symphoniker ohne die Förderungen der Stadt Wien nicht weiter existieren kann – die finanzielle Situation also kritisch ist. Am Jahresende 2015 fehlten im Budget 1,3 Millionen Euro, insgesamt gab es einen Bilanzverlust von rund 64 Millionen Euro.
  • Mangelnde Auslastung. „In einzelnen Monaten lag die Auslastung einzelner Instrumentengruppen bei nur rund 12 Prozent“, wird auf Seite 37 des Berichtes kritisiert. Als Extrembeispiel wird aufgelistet: Im April 2015 leisteten drei Musiker nur zehn von 83 möglichen Diensten. Ein Musiker bestritt (bei vollem Gehalt) keinen einzigen Dienst im gesamten Monat. Dazu hält der StRH generell fest: „Ein Großteil der Instrumentengruppen musste im Beobachtungszeitraum von neun Monaten keine Dienste im Ausmaß von ein bis zwei Monatsverpflichtungen leisten.“ Anders formuliert: Bis zu 20 Prozent der vorgeschriebenen Dienste wurden nicht geleistet. Der StRH ortet deshalb zu viel Personal und empfiehlt eine Reduktion von 122 auf 100 Musiker über den natürlichen Abgang (Pensionierungen etc., keine Nachbesetzungen).
  • Probleme in der Planung. Während z. B. im April 2015 bezahlte Dienste nicht geleistet wurden, offenbar weil zu viel Personal vorhanden war, sah es im Juli und August 2015 wieder anders aus. Hier war die Auslastung einer Instrumentengruppen so hoch, dass „zusätzlich Substituten“ angestellt werden mussten. Also weitere Musiker.
  • Verlorene Dienste. Der StRH zeigte sich über eine Regelung verwundert: Wer in einem Monat weniger Dienste leistete als er müsste, und diese im Folgemonat auch nicht nachholt – dem werden diese Dienste einfach erlassen; bei vollem Gehalt. „Diese Dienste waren für den Verein verloren“, formuliert es der StRH. Und solche verlorenen Dienste kommen laut StRH öfter vor.
  • Doppelmühle. Am 6.?Dezember 2005 verpflichtete sich die Stadt Wien, im Falle einer Liquidation der Wiener Symphoniker zur Abdeckung der Rückstellungen für Pensionen, Abfertigungen etc. Diese Garantie war an Bedingungen gekoppelt wie: Umsetzung von Reformschritten, ein zeitgemäßes Pensionsstatut etc. Nach zwölf Jahren wurden noch immer nicht alle Bedingungen umgesetzt. Weil die Motivation offenbar nicht die größte war und es kein Druckmittel gibt: Kürzt die Stadt Subventionen, um Druck für Reformen zu machen, geht der Verein in Konkurs. Und dann kommen sofort hohe Kosten auf die Stadt zu – weil sich diese im Jahr 2005, im Falle einer Liquidation, eben zur Übernahme der Pensionskosten etc. verpflichtet hat.
  • Nebenbeschäftigungen. Viele Orchestermitglieder haben bezahlte Nebenbeschäftigungen wie Lehrtätigkeiten oder Engagements in Ensembles. Hier kritisiert der StRH sinngemäß: Viele Musiker würden ihr volles Gehalt bekommen, ihre Dienste aber trotzdem nicht im vollen Umfang erfüllen. Und während diese Dienste nicht erfüllt würden, würden Musiker extra bezahlten Nebenbeschäftigungen nachgehen.

Die Stellungnahme der Wiener Symphoniker

Gegenüber der "Presse" wehren sich die die Wiener Symphoniker gegen die Begrifflichkeit "Missstände" und weisen "dieses Attribut entschieden" zurück: "Der Prüfungsbericht lässt hingegen keinesfalls erkennen, dass das Orchester nicht ordnungsgemäß geführt wird", heißt es. 

Zur finanziellen Situation heißt es: Diese gehe allein auf die Pensionsverpflichtungen des Orchesters zurück. Man habe keinerlei Schulden im Sinne von Krediten oder sonstigen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten. Die heute wirksamen Verbindlichkeiten seien zwischen 1970 und 2006 geschaffen worden: "Es wurden bereits weitreichende Maßnahmen gesetzt, insbesondere bei den Pensionen." Und auch beim Orchesterbetrieb seien umfassende Schritte gesetzt worden wie die Adaptierung des Orchesterkollektivvertrages im Jahr 2015.

Im Bereich der mangelnden Auslastung sehen die Wiener Symphoniker in dem Stadtrechnungshofbericht "aus dem Zusammenhang gerissene Beispiele". 2015 habe die Auslastung des Orchesters 88 Prozent betragen, 2016 sogar 94 Prozent.

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