Abwicklung im "Schweinsgalopp"

Ein Flugzeug der Air Berlin in der Wartungshalle des Flughafens Düsseldorf.
Ein Flugzeug der Air Berlin in der Wartungshalle des Flughafens Düsseldorf.(c) APA/Roland Weihrauch
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Bereits am Montag will die Air Berlin mit den Personalvertretern die Verhandlungen über einen Sozialplan beginnen. 1400 Mitarbeiter könnten ihre Jobs verlieren.

Wien. Eine interne Mitteilung der Personalabteilung und des Generalbevollmächtigten, Frank Kebekus, bestätigte am Sonntag nun, was die Air-Berlin-Mitarbeiter ohnehin schon die ganze Zeit befürchteten: „Eine Fortführung des Geschäftsbetriebes ist aufgrund der hohen Verluste, die derzeit und prognostiziert dauerhaft entstehen, unmöglich und unzulässig“, heißt es darin. Deshalb haben wir heute die Personalvertretungen und den Gesamtbetriebsrat der Air Berlin LuftverkehrsKG aufgefordert, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufzunehmen.“

Bereits heute, Montag, sollen die Verhandlungen beginnen. Die Air-Berlin-Geschäftsleitung betont zwar in dem Schreiben, dass sie sich bei den Bietern für möglichst gute Chancen für die Mitarbeiter einsetzen will, lässt aber gleichzeitig erst gar nicht allzu große Hoffnungen entstehen: „Nicht jeder Air-Berliner wird dort unterkommen können“, heißt es in besagtem Schreiben weiter.

„Wir sind entsetzt“

Dass die internen Mitteilungen gerade am Sonntag publik wurden, hat wohl auch mit der scharfen Reaktion der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu tun.

Am Freitag hatte der Air-Berlin-Betriebsrat die Belegschaft informiert, dass rund 1400 Beschäftigte des Verwaltungs- und Bodenpersonals ihren Job schon Ende Oktober bei der Fluggesellschaft verlieren würden. Nur wer für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs unbedingt benötigt werde, solle die Kündigung erst für Ende Februar 2018 erhalten. Als der Air-Berlin-Sprecher Ralf Kunkel nicht bereit war, diese Hiobsbotschaft zu kommentieren, sondern eisern schwieg, reagierte Christine Behle, Mitglied des Verdi-Bundesvorstandes, empört: „Wir sind entsetzt“, sagte sie. „Nun ist es wichtig, dass sich die Airline zu diesen Informationen des Betriebsrats endlich äußert. Mit dem Schicksal von Tausenden Beschäftigten kann man so nicht umgehen.“

Die Sorge der Mitarbeiter um ihre Zukunft ist umso größer, nachdem die Abwicklung der Fluggesellschaft laut Angaben des Betriebsrats „im Schweinsgalopp“ ablaufen soll. Darauf waren viele nicht gefasst. Nun ist die Air Berlin bemüht, gleichzeitig mit dem Beginn der Sozialplan-Verhandlungen, ihre Belegschaft bei der Jobsuche zu unterstützen. Und tatsächlich dürften große Arbeitgeber aus und rund um Berlin sich aktiv um die Mitarbeiter der Fluglinie bemühen.

Jobmessen für Mitarbeiter

Bereits am Dienstag soll eine Job-Messe in der Firmenzentrale stattfinden, an der sich Unternehmen präsentieren. Neben anderen sollen die Deutsche Bahn, der Online-Händler Zalando, die Service-Tochter des Chemiekonzerns BASF und der Schienenfahrzeugbauer Stadler Pankow daran teilnehmen. Auch die Lufthansa-Tochter Eurowings scheint an Personal interessiert. Sie will kommenden Freitag im Rahmen einer eigenen Messe um die Air-Berliner werben.

Während der Geschäftsbetrieb der Air Berlin nicht fortgeführt wird, soll der operative Service für die österreichische Tochter Niki genauso aufrechterhalten werden wie jener der Regionalflugtochter LGW. Ebenso Maschinen im sogenannten Wetlease, welche die Lufthansa von Air Berlin einschließlich ihrer Besatzung gemietet hat.

Die bisher zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mit mehr als 8000 Beschäftigten hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Vorerst geht der Flugbetrieb weiter, weil Deutschland mit einem Kredit einsprang. Chefsanierer Frank Kebekus und Vorstandschef Thomas Winkelmann verhandeln mit der Lufthansa und mit Easyjet intensiv über den Verkauf. Das Geschäft soll bis zum 12. Oktober unter Dach und Fach gebracht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2017)

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