Wachsoldat erschießt Kameraden - Kein Streit im Vorfeld

Bundesheer: Wachsoldat in Wiener Kaserne erschossen
Bundesheer: Wachsoldat in Wiener Kaserne erschossenAPA/HANS PUNZ
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Beim gemeinsamen Wachdienst hat gestern Abend ein Soldat einen Kameraden im Ruheraum angeschossen. Der Schütze wurde bisher noch nicht einvernommen.

Am Tag nachdem in einem Wiener Amtsgebäude des österreichischen Bundesheeres ein Rekrut mit einem Kopfschuss getötet wurde, sind noch viele Fragen offen. Der Schütze wurde zwar noch nicht einvernommen, aber im Vorfeld habe es keinen Streit zwischen den beiden gegeben, berichtete Polizeisprecher Patrick Maierhofer am Dienstag. Der Schuss fiel im Ruheraum.

Der Zeuge - ein Wachkommandant, der sich zum Zeitpunkt des Schusses Montagabend um 19.13 Uhr im vorderen Bereich des Wachcontainers in der Vorgartenstraße in der Leopoldstadt aufgehalten hatte - habe bei seiner Einvernahme nicht viel Aufschluss über die Geschehnisse geben können, sagte Maierhofer. Er war bei dem Vorfall nicht dabei. Er beobachtete nur, wie der 22-jährige Wachkommandant-Stellvertreter in den Ruheraum ging, danach fiel der Schuss.

Der 20-Jährige erlitt einen Kopfschuss und verstarb. Sein Kamerad wurde festgenommen. Tatwaffe war das Sturmgewehr 77, das zur Standardausrüstung eines Soldaten in Österreich gehört. Ob der Schuss absichtlich abgegeben wurde oder ob es sich um einen Unfall handelte, war noch völlig unklar.

Im Vorfeld keine Auseinandersetzung

Am Dienstagvormittag wurde der 22-jährige gebürtige Salzburger erstmals einvernommen, was laut Maierhofer einige Stunden in Anspruch nehmen wird. Die Tatortarbeit des Landeskriminalamtes Wien in dem Wachcontainer in der Vorgartenstraße war ebenfalls noch nicht abgeschlossen.

Der 20-jährige Wiener und sein 22-jähriger Kamerad dürften nicht zerstritten gewesen sein. Auch der Zeuge berichtete, dass es im Vorfeld keine Auseinandersetzung gegeben habe, so Maierhofer. Dazu dass der Rekrut in einem Bett gelegen, von dem 22-Jährigen mit der Waffe angestupst worden sei und sich da ein Schuss gelöst habe, wie "oe24.at" berichtete, meinte Maierhofer: "Es ist nicht auszuschließen."

Betroffenheit beim Bundesheer

Große Bestürzung herrschte nach dem tödlichen Kopfschuss beim Bundesheer. Vor allem der Ausbildner des 22-jährigen Schützen zeigte sich betroffen. Der junge Mann sei der "beste Soldat, den er in den letzten Jahren hatte" und bisher "nur positiv aufgefallen", berichtete Oberst Michael Bauer vom Verteidigungsministerium.

Der 22-jährige Salzburger wurde zwei Monate lang zum Wachkommandanten ausgebildet. Dabei wurde er auch im Umgang mit der Waffe angelernt. Der 20-Jährige, der von dem Schuss des Salzburgers tödlich getroffen wurde, erhielt eine vierwöchige Basisausbildung und wurde dann drei Wochen zum Wachsoldaten ausgebildet, sagte Bauer.

Normalerweise schieben drei Soldaten 24 Stunden lang Wache. In dem Fall waren der Wachkommandant - der Zeuge -, der 22-Jährige als sein Stellvertreter und der 20-jährige Wachsoldat im Einsatz. Der Dienst begann zu Mittag. Sieben Stunden später fiel in dem Wachcontainer der Schuss. Wie es zu dem Vorfall kommen konnte, untersucht die Polizei derzeit noch. Aber auch das Bundesheer hat eine Untersuchung eingeleitet.

Waffe halb geladen

Ausgerüstet sind die Soldaten mit einem Sturmgewehr 77. Sie haben die Verpflichtung, die Waffe halb geladen bei sich zu tragen. Das heißt, das Magazin mit der Munition ist zwar angesteckt, doch sollte abgedrückt werden, löst sich kein Schuss. Dafür muss die Waffe zunächst geladen und abgedrückt werden.

Das Bundesheer hat nach dem tödlichen Schuss den heerespsychologischen Dienst und militäreigene Peers als Ersthelfer eingeschaltet, um vor allem dem Zeugen des Schussvorfalls zur Seite zu stehen. Dieser Dienst wurde aber auch allen anderen Kameraden angeboten. Auch dem Heer war kein schwelender Konflikt zwischen dem 20- und dem 22-Jährigen bekannt.

(Red.)

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