Briten entdecken den Ökotourismus

Winterurlaub belastet die Umwelt beträchtlich: Mit dem Projekt „snowcarbon“ soll der Touristenstrom auf die Bahn umgelenkt werden.

INNSBRUCK. Mit dem Zug von London nach St. Anton in den Skiurlaub? Das klingt nach einer kleinen Weltreise. „Ist es aber nicht. Ganz im Gegenteil“, wie Daniel Elkan, britischer Reisejournalist und Initiator des Projektes „snowcarbon“, erklärt. Zusammen mit seinem Kollegen Mark Hodson hat er in den vergangenen fünf Jahren europäische Zugfahrpläne studiert und Skiressorts in den Alpen sowie in den Pyrenäen bereist.

Das Ergebnis: die Internetseite www.snowcarbon.co.uk, auf der britische Skitouristen erstmals mit wenigen Mausklicks kostenlos den schnellsten und einfachsten Weg in das Skigebiet ihrer Wahl finden. Und zwar per Bahn, weil das den CO2-Ausstoß um bis zu 90 Prozent pro Reise senken kann.

Die Idee zum Projekt snowcarbon entstand bereits 1999, erzählt Elkan: „Ich verbrachte meinen Skiurlaub in Italien. Nach gut neun Stunden Anreise – zuerst mit dem Bus, dann per Flugzeug und dann wieder mit dem Bus ins Skigebiet – war ich gerädert.“ Bei der Ankunft im Urlaubsort erspähte er vom Busfenster aus einen kleinen Bahnhof mitten im Ortszentrum: „Ich war erstaunt und fragte nach, ob eine Anreise auch per Bahn möglich gewesen wäre.“ Doch niemand konnte Elkan die geeignete Zugverbindung in seine Heimatstadt London nennen.

Der Brite wollte es wissen und begann zu recherchieren: „Ich liebe den Wintersport, weil mir die Natur am Herzen liegt. Daher wollte ich herausfinden, ob es nicht eine nachhaltigere und erholsamere Art der Anreise gibt.“ Für den Laien sei jedoch die Erstellung eines Zugreiseplans von Großbritannien in die Alpen fast unmöglich, Reiseveranstalter bieten dies ebenfalls nicht an. „Dabei hat eine Umfrage des Britischen Skiclubs 2005 ergeben, dass 68 Prozent der Befragten lieber per Bahn als mit dem Flugzeug in den Winterurlaub reisen würden“, weiß Elkan. Snowcarbon soll diese Lücke im Angebot nun füllen.

Drei österreichische Regionen

Vor wenigen Wochen ging die Homepage online. Neben Ressorts in Andorra, Frankreich, der Schweiz und Italien sind auch die drei großen österreichischen Wintersportregionen St. Anton am Arlberg, Zell am See/Kaprun sowie Saalbach Hinterglemm/Leogang vertreten. „Noch ist es zu früh, um über Ergebnisse zu sprechen“, sagt Wilma Himmelfreundpointner vom Tourismusverband St. Anton.

Doch das Interesse an nachhaltigem Reisen sei gerade unter britischen Touristen, die mit 17 Prozent – umgerechnet 206.000 Nächtigungen pro Wintersaison – die zweitstärkste Gästenation in St.Anton ausmachen, enorm. „Wir haben bereits viel positives Feedback erhalten. Die Arlbergregion ist sehr gut per Bahn erreichbar. Ich denke, diese umweltschonende Art der Anreise wird eine immer größere Rolle spielen“, so Himmelfreundpointner. Derzeit kommen die Briten fast ausnahmslos per Flugzeug. Am Samstag, dem klassischen Urlauberschichtwechseltag, herrscht daher am Innsbrucker Flughafen Hochbetrieb. Was seit Jahren lärm- und abgasgeplagte Anrainer auf die Barrikaden treibt.

Dass die Bahn durchaus als Alternative zum Flugzeug geeignet ist, haben Daniel Elkan und Mark Hodson in einem Selbsttest bewiesen: „Im Durchschnitt dauert die Anreise per Bahn – von Haustür zu Hoteltür gerechnet – nur gut eine Stunde länger als per Flugzeug.“ Auch die Kosten seien deutlich geringer: „Keine versteckten Zusatzgebühren, keine Gepäckaufschläge für Skisäcke.“

Schließlich, so Elkan, biete die Zugreise deutlich mehr Komfort: „Kein lästiges Warten am Flughafen, kein stundenlanger Bustransfer zum Urlaubsort. Zudem gewinnt, wer den Schlafwagen nimmt, zwei Pistentage.“ Und am allerwichtigsten für die snowcarbon-Erfinder: „Der CO2-Ausstoß sinkt gegenüber Flugzeug- oder Autoanreise um ein Vielfaches. Denn durchschnittlich macht die Anreise per Flugzeug 73 Prozent des ökologischen Fußabdruckes eines Wintertouristen aus.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2009)

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