Todesstrafe: 90 Prozent aller Hinrichtungen in vier Ländern

Archivbild. In der Türkei gibt es auch Demonstrationen für die Wiedereinführung der Todesstrafe nach dem Putschversuch gegen Präsident Erdogan.
Archivbild. In der Türkei gibt es auch Demonstrationen für die Wiedereinführung der Todesstrafe nach dem Putschversuch gegen Präsident Erdogan.APA/AFP/OZAN KOSE
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Amnesty International bilanziert am "Tag gegen die Todesstrafe": Die meisten US-Staaten halten trotz Protesten an Hinrichtungen fest. Aus einigen Ländern gibt es aber keine gesicherten Zahlen.

Das "Recht auf Leben" ist weltweit umstritten: Während in Europa - mit Ausnahme von Weißrussland - die Todesstrafe verboten ist, sind Hinrichtungen etwa in China, einigen arabischen Staaten sowie im Großteil der US-Staaten auf gerichtliche Anordnung erlaubt. Angesichts des Tages gegen die Todesstrafe am Dienstag kritisiert Amnesty International den südostasiatischen Stadtstaat Singapur.

"Wir können sie töten, und in manchen Fällen müssen und sollten wir", sagte der US-Rechtsprofessor und Todesstrafen-Befürworter Robert Blecker einst. Als einziges westliches Land hält die USA trotz internationaler und nationaler Proteste an der Todesstrafe fest. In 31 US-Staaten sind derzeit Hinrichtungen erlaubt. Im vergangenen Jahr wurden dem aktuellen Amnesty Jahresbericht zufolge 20 Menschen exekutiert - ein Rückgang von 30 Prozent im Vorjahresvergleich.

Grund dafür seien etwa Anfechtungsklagen, die dazu führten, dass Hinrichtungsvorschriften für die Giftspritze geändert werden mussten, sowie Probleme mancher US-Staaten, sich die Chemikalien für Giftinjektionen zu beschaffen, heißt es in dem Bericht weiter. Für Hinrichtungen benötigen die US-Staaten Arzneimittel aus den EU-Staaten, die sie aber aufgrund eines europäischen Boykotts nicht mehr erhalten.

"Rote Linie" Todesstrafe

Auch in Europa wird die Todesstrafe wieder heftig diskutiert. Denn seit dem Putschversuch im vergangenem Jahr droht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan per Referendum Hinrichtungen wieder zu erlauben - ein absoluter Tabu-Bruch für die Europäische Union. In der Europäischen Menschenrechtskonvention, einem völkerrechtlichen Vertrag aller Europarats-Mitgliedstaaten, ist die Todesstrafe verboten. Einzige Ausnahme in Europa ist das autoritäre Weißrussland: Das Regime von Präsident Alexander Lukaschenko vollstreckte laut Amnesty nach einer 17-monatigen Unterbrechung im vergangenen Jahr vier Todesurteile.

Nicht erfassen konnte die Menschenrechtsorganisation, die sich u.a. auf offizielles Zahlenmaterial sowie Berichte anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen beruft, die Anzahl der Hinrichtungen im vergangenen Jahr in China. Amnesty geht aber von mehreren Tausenden Exekutionen aus. Im Jemen, Laos, Nordkorea und Syrien konnten 2016 ebenfalls keine Zahlen erhoben werden.

Insgesamt wurden Amnesty zufolge im vergangenen Jahr auf gerichtliche Anordnung weltweit 1032 Menschen hingerichtet. Demnach fanden fast 90 Prozent der Hinrichtungen in vier Ländern statt: im Iran (567), Saudi-Arabien (154), im Irak (88) und Pakistan (87). 2015 waren es insgesamt 3117 Personen - laut Amnesty der bisherige Höchststand.

Todesstrafe weltweit
Todesstrafe weltweit(c) APA

Kritik an zögerlichem Singapur

Scharfe Kritik übt Amnesty in ihrem jüngsten Bericht an Singapur. Dort seien die 2013 eingeleiteten Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe nicht entsprechend umgesetzt worden, heißt es darin. Hinrichtungen gebe es nach wie vor, und noch immer würden etwa unbedeutende Drogenkriminelle, Ausländer oder sozio-ökonomisch Benachteiligte zum Tode verurteilt werden. Der südostasiatische Stadtstaat hatte einst weltweit die höchste Anzahl an Hinrichtungen pro Einwohner.

Dem aktuellen Amnesty-Jahresbericht zufolge wird inzwischen in 141 Staaten die Todesstrafe nicht mehr angewendet: In 104 Ländern ist sie vollständig abgeschafft, sieben Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen oder Vergehen nach Militärrecht vor. In 30 Ländern ist die Todesstrafe in der Praxis, aber nicht im Gesetz abgeschafft.

(APA)

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