Neujahrskonzert: Diesen Musenkuss der ganzen Welt

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Der Franzose Georges Prêtre dirigiert zum zweiten Mal. Der Italiener Valentino stattet erstmals das Ballett aus. Und der ORF überträgt als Premiere in HD-Qualität sowie als Livestream im Internet.

Eine Liebeserklärung an die Welt, die zwei Stunden dauert“, so charakterisierte Dirigent Georges Prêtre das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, das er 2010 zum zweiten Mal leiten wird. Immerhin 72 Länder können das musikalische Ereignis via TV empfangen. Erstmals sind Sri Lanka, die Mongolei und Mozambique mit von der Partie, was Orchestervorstand Clemens Hellsberg besonders freut: „Das ist uns wichtig, dass nicht nur die großen Länder partizipieren.“ Die Philharmoniker wollen ihren effektvollsten Auftritt durchaus als Werbung für die klassische Musik verstehen.

„Wir waren von Prêtres Debüt 2008 hingerissen“, versicherte Clemens Hellsberg im Rahmen der Programmpräsentation und erklärte damit, warum man den französischen Maestro so rasch ein zweites Mal ans Dirigentenpult des Neujahrskonzertes gebeten hat.

Prêtre feierte heuer seinen 85. Geburtstag und nannte die Musik seinen „Jungbrunnen“. Sprühend und geistreich wie eh und je plauderte er charmant über das Wesen der Wiener Musik: „Immer wieder“, so sein Kommentar, „kann man hören, dass die Walzer und Polkas der Strauß-Dynastie leichte Musik seien. Was soll das heißen: leichte Musik? Es gibt nur gute und schlechte Musik. Das ist gute Musik. Sehr gute!“

Champagner aus Dänemark

War das Programm von Prêtres erstem Neujahrskonzert im Zeichen Napoleons gestanden und verband es kunstvoll französischen Esprit mit wienerischer Dreivierteltakt-Seligkeit, reist man heuer weiter herum. Erstmals erklingt neben Musik von Johann und Josef Strauß sowie vom Ahnvater der Operette, Jacques Offenbach, auch ein Stück des dänischen „Walzerkönigs“ Christian Lumbye. Dass der aus seiner Feder stammende sogenannte „Champagner-Galopp“ erklingt, wird Georges Prêtre nicht davon abhalten, diesmal nicht mit dem prickelnden Edelgetränk, sondern mit Weißwein aufs neue Jahr anzustoßen. „Mit österreichischem Weißwein“, wie er nicht ohne Augenzwinkern präzisiert, denn „das ist eine Besonderheit. Champagner gibt es überall . . .“

Während das Programm mit der Ouvertüre zu Johann Strauß' im Volksmund gern „Champagner-Oper“ genannter Operette „Die Fledermaus“ anhebt, ehren die Philharmoniker am Beginn des zweiten Teils ihren Gründer, den Komponisten Otto Nicolai, mit der Aufführung der Ouvertüre zu dessen Shakespeare-Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“. Denn 2010 ist nicht nur Schumann- und Chopin-Jahr, sondern man gedenkt auch des 200. Geburtstages von Otto Nicolai.

Erstmals live in HD-Qualität und im Web

Der ORF überträgt das traditionelle Konzert übrigens zum 52. Mal im Fernsehen. Erstmals in HD-Qualität. Bei dieser Premiere muss man auf den lang gedienten Regisseur verzichten: Brian Large hat sich von einem Unfall noch nicht so erholt, dass er den Strapazen der Liveübertragung gewachsen wäre. Karina Fibich springt ein, Michael Beyer zeichnet für die Liveeinstiege mit den Balletteinlagen aus dem Kunsthistorischen Museum verantwortlich.

Choreograf Renato Zanella sorgt wieder für die Tanzszenen und arbeitet erstmals mit Solisten vom Pariser Opernballett, Eleonora Abbagnato und Nicolas Le Riche. Dass Abbagnato eine Robe von Modedesigner Valentino tragen wird, sorgt anno 2010 für zusätzlichen Glamourfaktor (siehe unseren Bericht im Chronikteil).

Neu für die Zuschauer: Die Konzertübertragung wird erstmals auch via Internet als Livestream zu verfolgen sein. Der ORF umrahmt die Sendung ab 9.35 Uhr mit Dokumentationen zu den „Wiener Sträußen“ und zum Dirigenten Georges Prêtre (Beginn um 10.30 Uhr).

Welser-Möst für 2011?

Nach einem „Auftakt“ mit Otto Brusatti zu Strauß und Co. (11 Uhr) übernimmt Barbara Rett wie schon gewohnt die Moderation des eigentlichen „Neujahrskonzerts“. Der CD-Mitschnitt (diesmal bei Decca) soll wie immer rasch, nämlich am 7. Jänner, im Handel sein. Die DVD folgt am 14. Jänner.

Hinter den Kulissen brodelt bereits die Gerüchteküche. Dem Vernehmen nach haben sich die Wiener Philharmoniker entschieden, mit Franz Welser-Möst den künftigen Generalmusikdirektor der Staatsoper – und damit wieder einmal einen Österreicher – aufs Podium des Neujahrskonzertes zu bitten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2009)

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