Expansion: Air Berlin verleiht Lufthansa Flügel

Nach 40 Jahren verschwindet Air Berlin – die Lufthansa schluckt den Großteil. [
Nach 40 Jahren verschwindet Air Berlin – die Lufthansa schluckt den Großteil. [(c) REUTERS (
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Die Übernahme der insolventen Fluglinie samt Tochter Niki schiebt die Lufthansa-Aktie auf ein 17-Jahres-Hoch. Analysten geraten ins Schwärmen, sie trauen der AUA-Mutter mehr zu.

Frankfurt/Berlin/Wien. Die Aktie hat schon fliegen gelernt: Die Übernahme eines großen Teils der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin inklusive ihrer Österreich-Tochter, Niki, durch die Lufthansa, die mit der Vertragsunterzeichnung am Donnerstag offiziell besiegelt worden ist, wurde erwartet. Dennoch jubelten die Anleger – die Aktien der AUA-Mutter, Lufthansa, erreichten mit einem weiteren Anstieg um mehr als drei Prozent den höchsten Stand seit 2001.

Seit Jahresbeginn hat das Lufthansa-Papier seinen Wert mehr als verdoppelt. Schub gaben einerseits die wieder sehr guten Geschäftszahlen. Andererseits galt es – lange vor der offiziellen Pleite der Air Berlin am 15. August – als offenes Geheimnis, dass die Lufthansa haushoher Favorit ist und zielstrebig auf die Übernahme hinarbeite.
Die Investmentbanken Bernstein und HSBC stuften die Aktien der Lufthansa herauf und trauen ihr jetzt einen Kursanstieg auf bis zu 30 Euro zu. „Der Air-Berlin-Deal macht die Lufthansa auf ihrem Heimatmarkt stärker, was in den kommenden Jahren zu steigenden Erträgen führen sollte“, schrieben die Analysten von HSBC.

Lufthansa-Boss Carsten Spohr kann freilich noch einen Erfolg vorweisen, der der Kursentwicklung auch nicht schaden dürfte: Erst am Dienstag wurde der jahrelang schwelende Tarifstreit mit den Piloten beendet und neue Tarifverträge bis 2022 geschlossen. Dadurch sinken die Personalkosten im Cockpit um rund 15 Prozent. „Das sieht fast zu gut aus, um wahr zu sein“, jubeln die Analysten.

Manchmal läuft wirklich alles rund: Auch wenn noch die EU-Kartellbehörden den Deal prüfen und überdies offen ist, wie viele der 8000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz behalten – Spohr kann sich auf die Fahnen heften, die Position der Lufthansa in Europa deutlich auszubauen. Zumal der Konzern auch als Favorit für Teile der insolventen Alitalia gilt. Bis Montag müssen in Rom verbindliche Angebote abgegeben werden.

Niki überlebt

Jetzt übernimmt die Lufthansa vorerst einmal wie geplant 81 der zuletzt gut 130 Flugzeuge der Air-Berlin-Flotte – das sind jene 38 Maschinen, die inklusive Crews bereits zu Jahresbeginn gemietet worden sind (fünf davon erhielt die AUA), sowie Niki und den Regionalflieger LGW, die beide nicht insolvent sind. Dafür wurde ein Preis von rund 210 Mio. Euro genannt. Die Flugzeuge – also höchstwahrscheinlich auch Niki samt Belegschaft – werden in die Billigtochter Eurowings integriert. Mit ihr will Spohr die Vormachtstellung der selbst gerade in Problemen steckenden Ryanair und von Easyjet brechen. Spohr sprach von einem „echten Meilenstein in der Geschichte von Lufthansa und Berlin“. Für die Hauptstadt werde die Lufthansa-Gruppe wieder zum Heimatcarrier. Die Airline mit dem Kranich im Logo wurde 1926 in Berlin gegründet.

Was mit dem Rest der Air Berlin, die 40 Jahre nach der Gründung nun Geschichte ist, passiert, ist offen. Mit Easyjet, die an 30 Flugzeugen interessiert war, gab es am Donnerstag keinen Abschluss. Es werde weiter verhandelt. Easyjet wollte das nicht kommentieren. Bei einem Rückzug könnten andere Bewerber, allen voran die Thomas-Cook-Tochter Condor, die zusammen mit Niki Lauda ein Offert gelegt hatte, wieder ins Spiel kommen.

Die Zeit drängt, weil die Air Berlin zum Schutz der Gläubiger zum 28. Oktober den Flugbetrieb jenes Teils der Flotte einstellen muss, der nicht zur Lufthansa wechselt. Ein Großgläubiger ist der deutsche Staat, der mit einem Kredit über 150 Mio. Euro seit der Pleite den Flugbetrieb aufrechterhielt. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2017)

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